Bonner Aufruf
 
 
 
  
 

Afrikanische Armeen aufrüsten?

Das Thema ist sehr umstritten. Einerseits heißt es, die Armeen vieler afrikanischer Staaten seien zu schwach, um - Beispiel Sahel - Sicherheit zu gewährleisten.
Andererseits wird eingewandt, die Gefahr repressiver Gewalt gegen die eigenen Bevölkerungen sei zu groß.

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30.09.2018, 21:10 Uhr
Hanns Kirchmann , Abensberg
RA, Vorstand Stiftung für Afrika , Seit 10 Jahren persönlich in Burkina,Mauretanien,Nordnigeria
Keine einzige Waffe, die nur das korrupte Politik establischem unterstützen - wenige Ausnahmen abgesehen (Tunesien...)
30.09.2018, 15:05 Uhr
Dr. Hans-Ferdinand Illy, Freiburg
Professor em., Entwicklungspolitischer Wissenschaftler
1. Das Problem liegt in der beabsichtigten Verquickung von Entwicklungs- und Sicherheitspolitik. Dabei wird immer die Entwicklung auf der Strecke bleiben müssen.Die EU stärkt mit viel Geld die jeweiligen Armeeen, kann diese aber nicht kontrollieren. Kann man das gut finden ?
Möglicherweise werden auch einige Migranten mit Waffengewalt zurück gehalten, aber was hat man diesen an konkreten Problemlösungen anzubieten ?

2.Afrikanische Armeen aufzurüsten ist grundsätzlich ein Irrweg, da dadurch vornehmlich die repressive Kapazität der sowieso schon extrem autoritären Regime erhöht wird.
Auch nur geringe Ansätze von Rechtsstaatlichkeit fallen dabei vollends unter den Tisch. Von Militärregimen inkl. ziviler Systeme mit stark ausgebauter Armee ist in fast sechs Dekaden neuerer afrikanischer Geschichte nichts Gutes für die afrikanische Bevölkerung ausgegangen, im Gegenteil: Bürgerkriege grauenhaften Ausmaßes haben Tod und Not über viele Länder gebracht.

3.Die von Gerhardt angesprochene regionale Problematik zeigt, dass die Armeen in Niger und Mali unter militärstrategischen und -taktischen Gesichtspunkten nicht einmal eine minimale Effizienz zur Abwehr von Terrorismus (intern und extern) aufweisen. Und dies trotz jahrzehntelanger umfangreicher Unterstützung durch Frankreich! Was können wir da mit einem kleinen Kontingent wüstenunerfahrener Bundeswehr-Ausbilder ausrichten wollen ?

4. Im Tschad sind die Ausgaben für Armee und Polizei, seit Erdöl exportiert wird, um das Zehnfache gestiegen - entgegen allen Vereinbarungen mit Weltbank und anderen bilateralen Gebern, die die Pipeline nach Kamerun finanziert haben. Müssen wir da noch mit kostenlosen Ausrüstungen aufstocken ?

5. Boko Haram: Die nigerianische Armee ist die weitaus beste der Region; die enormen Öleinnahmen haben dies gestattet. Dass sie diesen internen Feind nicht dauerhaft vernichten kann, ist nur so zu erklären: Boko Haram hat in der Armee viele stille (muslimische) Sympathisanten, die sich insgeheim freuen, wenn (christliche) Schulen überfallen und Schulmädchen entführt werden.

Fazit: 1. Afrikanische Armeen aufzurüsten kann vielleicht kurzfristig etwas für "Ruhe" sorgen, aber keineswegs für dauerhafte friedliche Verhältnisse. Streitkräfte sorgen nicht für Entwicklung, sondern für ihre Privilegierung und Selbstbereicherung. Das sind traurige Perspektiven, aber so brutal ist die Erfahrung aus sechs Dekaden.
2.Die europäische Konzentration auf pure Abwehr manu militari, die wir z.Zt. erleben, kann das Migrationsproblem nicht lösen, da für die Migranten keine positiven Angebote vorliegen und die Profiteure der Migration (z.B. die Tuareg-Schlepper im Sahelbereich), die jetzt um ihre Pfründe fürchten müssen, für eine wachsende interne Destabilisierung ihrer Länder sorgen werden. Ein eindrucksvoller ARD-Film hat dies schon aufgezeigt.

30.09.2018, 14:44 Uhr
Kurt Gerhardt, Köln
Journalist, Mitinitiator des Bonner Aufrufs
Entwicklung ist nur unter friedlichen Verhältnissen möglich. In vielen Ländern wird sie von gewalttätigen Konflikten behindert, zum Beispiel von Boko Haram.
Die nigrische Armee war nicht in der Lage, der im Osten des Landes wütenden Boko-Haram-Truppen... (mehr)