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Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 25.06.2022

Das Parlament

Aschot Manutscharjan

Kurz REZENSIERT

Der frühere deutsche Botschafter Volker Seitz verarbeitete seine Afrika-Erfahrungen in einem Buch "Afrika wird
arm regiert". Als ein zentrales Problem der Entwicklungshilfe bezeichnete er deren Realitätsferne. Zugleich
beurteilte Seitz die Korruption der Eliten und ihre schlechte Regierungsführung. Ausdrücklich kritisierte er die staatliche Entwicklungshilfe: Die "wachsenden Geldströme und die wuchernde Entwicklungshilfeindustrie"
ließen die Armut "nicht schrumpfen" - im Gegenteil. Wohlbegründet nannte Asfa-Wossen Asserate Seitz Buch
einen "Klassiker unter den Sachbüchern über Afrika" und empfahl es allen als Pflichtlektüre für jene, die "um das Wohlergehen Afrikas und seiner Menschen ringen".

Jetzt hat der Soziologe Olaf Bernau ein "Anti-Seitz-Buch" veröffentlicht. Er setzt nicht an den politischen
Rahmenbedingungen an, sondern betrachtet die Situation der Menschen vor Ort. Daher arbeitet er mit
Migranten, bäuerlichen Gemeinschaften und Menschenrechtsgruppen zusammen und widerlegt die
europäischen Afrika-Mythen über "geistige Unbeweglichkeit", "Stammeskonflikte", "finsteres Patriarchat" und
"schlechte Regierungsführung". Detailliert beschreibt der Soziologe die Fluchtursachen aus Westafrika und
kritisiert die "Marshall-Pläne" und Afrika-Strategien Deutschlands, der EU und anderer Organisationen. Als
Hauptursache für die Rückständigkeit Afrikas nennt er die koloniale Vergangenheit. Dazu stellt Bernau ein ZehnPunkte-Programm auf: Europa sollte erstens "im Kontakt mit afrikanischen Regierungen nicht eigene Interessen,
sondern Menschenrechte zur Richtschnur seines Vorgehens machen". Punkt 10 betrifft die Freizügigkeit: Die
Menschen sollten "frei zwischen Afrika und Europa zirkulieren können, dabei sind Fluchtwege für Geflüchtete
stets offen zu halten".

Mit seiner Streitschrift hat Bernau einen lesenswerten Beitrag zur aktuellen Afrika-Diskussion vorgelegt.