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Beitrag vom 25.05.2023

FAZ

GRÜNDUNG DER OAU

Auf dem langen Weg zur afrikanischen Einheit

1963 wurde die Organisation für Afrikanische Einheit gegründet. Die Erwartungen waren hoch – doch ihre Nachfolgerin, die Afrikanische Union, kämpft bis heute mit den Schwierigkeiten von damals.

Von Claudia Bröll

Als der Ivorer Amara Essy 2001 bei seiner Rückkehr in Abidjan von Tausenden Menschen als einer der „Helden von Lusaka“ gefeiert wurde, schien er nicht gerade vor Zuversicht zu strotzen. „Ich bin gewählt worden, um das Gerüst der Afrikanischen Union (AU) aufzubauen. Wir werden versuchen, unser Bestes zu geben“, sagte er. Essy, ein früherer Außenminister der Elfenbeinküste, war kurz vorher auf einem Gipfeltreffen in Lusaka zum letzten Generalsekretär der Organisation für Afrikanische Einheit (OAU) gewählt worden. Die Erwartungen waren hoch: Die AU sollte mehr werden als die Fortsetzung der Organisation unter einem anderen Namen.

Der Jahrestag der Gründung der OAU am 25. Mai 1963 wird bis heute als Weltafrikatag gefeiert. Das hat weniger mit den Errungenschaften dieses Zusammenschlusses von 32 Staaten zu tun als damit, dass seine Entstehung mit dem Ende der Kolonialherrschaften in Afrika und überschwänglicher Aufbruchstimmung einherging. Die OAU sollte den letzten Nachzüglern den Weg zur Unabhängigkeit ebnen, die afrikanischen Staaten zusammenbringen, dem Kontinent international zu Bedeutung verhelfen, Konflikte friedlich beilegen und bessere Lebensbedingungen schaffen. Erreicht wurde nur der erste Punkt, die anderen Themen treiben die AU auch 60 Jahre später noch um.

Mit Kritik allein wird man der Organisation nicht gerecht

An wohlklingenden Zielen, Appellen und Resolutionen gab es während des fast 40 Jahre langen Bestehens der OAU keinen Mangel. Doch durchgesetzt werden konnten die wenigsten, was unter anderem am Fehlen eigener Sicherheitskräfte lag. Das Prinzip, andere Mitgliedstaaten nicht zu kritisieren und sich nicht in deren innere Angelegenheiten einzumischen, trug nicht zur Glaubwürdigkeit bei. So unternahm die OAU nichts gegen Schreckensregimes wie das des Diktators Idi Amin in Uganda. 1975 wählten die afrikanischen Staatschefs Amin sogar zum Vorsitzenden der OAU. Im Gegensatz zum begrenzten politischen Einfluss der OAU stand der Prunk ihrer Jahreskonferenzen. Manche Gastgeber verwendeten große Teile des Staatshaushalts auf den Bau von Palästen, Luxushotels und Bankettsälen. Bis zum Übergang der OAU in die AU blieb diese Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit bestehen.

Mit Kritik allein aber wird man der ersten panafrikanischen Organisation nicht gerecht. Sie sei von Anfang an ein Kompromiss gewesen, sagt Adekeye Adebajo, Afrika- und Friedensforscher an der Universität Pretoria. Die OAU konnte nur so erfolgreich sein, wie es die Mitglieder und die Rahmenbedingungen zuließen. Die Vorstellungen über das neue Afrika reichten damals von den „Vereinigten Staaten von Afrika“ mit einem supranationalen Militär bis zu souveränen Staaten mit den Ländergrenzen aus Kolonialzeiten. Die USA und die Sowjetunion führten Stellvertreterkriege auf dem Kontinent, vielerorts herrschten Militärregimes. Bis 1990 hatten nur drei Staatschefs selbst die Macht abgegeben – einer davon aus gesundheitlichen Gründen.

Aus diesen Erfahrungen hat die Nachfolgerin Lehren gezogen. Immerhin hält sich die AU heute für verantwortlich, bei schweren Menschenrechtsverletzungen und hoher Instabilität zu intervenieren. Putsche wie jüngst in Westafrika werden scharf kritisiert, Militärregimes wie in Togo, Niger, Ägypten und derzeit in Mali und Burkina Faso von den Aktivitäten ausgeschlossen. Militärische Missionen der AU zur Friedenssicherung – in Burundi, Darfur und Somalia – wären in OAU-Zeiten unvorstellbar gewesen. Als Fortschritt sieht Adebajo den Friedens- und Sicherheitsrat der AU, der seine Entscheidungen an den Sicherheitsrat der Vereinten Nationen weitergibt. Auch die Einigung über eine panafrikanische Freihandelszone gilt als historischer Meilenstein, selbst wenn sich die Verwirklichung noch im Anfangsstadium befindet.

Die grandiosen Pläne sind geblieben

Von ihrem Vorbild, der Europäischen Union, ist die AU aber weit entfernt. Es fehlt an Kapital, Personal, Entscheidungskompetenz und an wirtschaftlicher Unabhängigkeit. Große Teile des AU-Budgets, mit dem „afrikanische Lösungen für afrikanische Probleme“ ermöglicht werden sollen, kommen von der EU, den USA und China. Bei der EU-Kommission in Brüssel arbeiten dreißigmal so viele Menschen wie am AU-Hauptsitz in Addis Abeba. Das gemeinsame Parlament – das Pan-African Parliament mit 255 Abgeordneten – macht mehr mit chaotischen Szenen bei Postengerangel von sich reden als mit Debatten oder Beschlüssen. In internationalen Organisationen wie der Weltbank, dem Internationalen Währungsfonds oder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen ist der Einfluss der AU weiterhin gering.

Zur Dachorganisation jener afrikanischen Einheit, die den Gründungsvätern vorschwebte, ist auch die Nachfolgerin der OAU nicht geworden. Teils toben in den gleichen Regionen wie damals Konflikte. Die Entscheidungen von 55 Staatschefs entsprechen zwangsläufig dem kleinsten gemeinsamen Nenner, zumal meist Einstimmigkeit gefordert ist.

Doch die grandiosen Pläne sind geblieben. Mit der Agenda 2063 hat sich die AU vor einigen Jahren 20 Ziele gesetzt, um den Kontinent zu einem „globalen Powerhouse der Zukunft“ zu transformieren. Sie reichen von „hohem Lebensstandard für alle Bürger“ bis zur „vollen Verantwortung für die Finanzierung von Afrikas Entwicklung“. Bilanz wird gezogen, wenn der Weltafrikatag zum hundertsten Mal gefeiert wird.