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Beitrag vom 18.06.2025

NZZ

Kampftruppe Wagner beendet Einsatz in Mali

Die Integration der Paramilitärs in die russische Armee verläuft zäher als vom Kreml gewünscht
Samuel Misteli, Nairobi

«Mission erfüllt. Wagner geht nach Hause» – das hat ein Telegram-Kanal, der mit den russischen Paramilitärs verbandelt ist, vor einigen Tagen vermeldet. Wagner ziehe aus dem Sahelstaat Mali ab, wo die Truppe seit Ende 2021 im Einsatz ist. Die Wagner-Soldaten hätten «Seite an Seite mit dem malischen Volk gekämpft» und «Tausende Extremisten und ihre Kommandanten getötet, die während Jahren Zivilisten terrorisiert hatten».

An der Meldung stimmte einiges nicht. Weder ist die Mission der Truppe in Mali sehr erfolgreich verlaufen – die Jihadisten im Sahel sind stärker denn je. Noch geht Wagner nach Hause. Die meisten der etwa 1000 bis 2000 Kämpfer dürften fortan unter einem anderen Label aktiv sein: Afrika-Korps.

Was das Ende der Wagner-Mission in Mali ist: Teil einer Neuorganisation, die offenbar zäher verläuft, als die russische Regierung sich das wünschen würde. Das Afrika-Korps wurde Anfang 2024 lanciert, es untersteht direkt dem russischen Verteidigungsministerium. Seine Gründung war eine Folge der kurzlebigen Rebellion von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin gegen die russische Militärführung im Juni 2023. Prigoschin fühlte sich in der Ukraine im Stich gelassen. Zwei Monate später kam er bei einem mutmasslich vom Kreml orchestrierten Flugzeugabsturz ums Leben. Und seine Truppe sollte an die Kandare genommen werden, auch auf dem afrikanischen Kontinent, einem ihrer wichtigsten Einsatzorte. Indem Wagner durch das Afrika-Korps ersetzt würde.

Gold, Diamanten, Tropenholz

Russland hat seine Präsenz in Afrika in den vergangenen Jahren stark ausgebaut, vor allem militärisch. Mali ist dabei der geopolitisch wichtigste Schauplatz. 2020 und 2021 putschten Militärs in Mali, sie warfen der Regierung vor, dass ihr die Sicherheitssituation entgleite. Die Putschregierung brach wenig später mit der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und wandte sich Russland zu. 2400 französische Soldaten zogen ab, verschiedene Wagner-Kontingente trafen ein. Zu Spitzenzeiten sollen bis zu 2500 Wagner-Soldaten in Mali stationiert gewesen sein.

Wagners Einsatz in Mali stellte ein neues Modell für Russland in Afrika dar. Zwar war die Militärfirma schon in der Republik Zentralafrika stark engagiert gewesen, beschützte dort den Präsidenten vor Rebellen und machte Geschäfte mit Gold, Diamanten und Tropenholz. Doch in Mali verbündete sich Wagner – und damit die russische Regierung – erstmals mit einer der Putschregierungen, die in West- und Zentralafrika seit 2020 an die Macht gelangt sind. Auch Malis Nachbarland Burkina Faso holte 2023 russische Kämpfer ins Land. Niger, ein weiterer Putschstaat, wandte sich ebenfalls Russland zu.

Die Sahelstaaten sind geopolitisch bedeutsam, weil sie der Schauplatz der weltweit grössten jihadistischen Offensive sind – rund die Hälfte aller Terroropfer weltweit werden im Sahel getötet. Die Länder sind für Russland auch attraktiv, weil sie historisch eng mit Frankreich und anderen europäischen Ländern verbandelt waren. Dass die Putschisten den Bruch mit dem Westen vollzogen, war für Russland ein grosser Prestigeerfolg.

Die formell private Kampfgruppe Wagner war für den Kreml ein nützliches Werkzeug, weil sie Russlands Interessen in Afrika vorantrieb, ohne dass die russische Regierung offiziell verantwortlich war – wodurch Misserfolge nicht auf sie zurückfielen. Mit der Rebellion des Wagner-Chefs Prigoschin geriet das Modell aber ins Wanken. Wagner erschien als eine ausser Kontrolle geratene Frankenstein-Kreatur.

Das Afrika-Korps sollte Abhilfe schaffen. Die Idee war offenbar, dass die mehreren tausend Wagner-Kämpfer in Afrika in das Afrika-Korps eingegliedert werden sollten – und somit nicht mehr für eine formell private Militärfirma arbeiten sollten, sondern für die russische Armee. Das geschieht auch tatsächlich. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtete Anfang Juni, etwa drei Viertel der Afrika-Korps-Soldaten seien frühere Wagner-Kämpfer.

Doch der Prozess braucht Zeit. In Mali und der Republik Zentralafrika, den beiden afrikanischen Ländern, in denen Wagner am stärksten verankert war, operierten bisher noch immer Wagner-Einheiten unter diesem Namen und mit ihren Insignien. Offenbar auch mit dem Segen der afrikanischen Regierungen, die persönliche Beziehungen zu den Wagner-Kommandanten aufgebaut hatten und diesen vertrauten.

Wie viel sich ausser dem Namen der russischen Truppen nun ändert, ist unklar. Es zeichnet sich aber ab, dass das Afrika-Korps nicht gleich forsch vorgehen wird wie Wagner. Die Wagner-Truppen kämpften zusammen mit Malis Armee gegen Jihadisten und Tuareg-Rebellen im Zentrum und Norden des Landes. Für Malis Putschregierung stellte dies einen Fortschritt dar gegenüber den abgezogenen europäischen Truppen, denen sie vorwarf, zu passiv zu agieren. Das Afrika-Korps dürfte sich nun weniger direkt an Kämpfen beteiligen, sondern stärker auf die Ausbildung malischer Soldaten fokussieren. Und somit ähnlich vorgehen wie einst die Europäer und die ebenfalls abgezogenen Uno-Blauhelme.

Das scheint bei Malis Militärs Sorgen auszulösen. «Das Afrika-Korps wird nicht dieselbe Intensität haben wie Wagner», zitierte die französische Zeitung «Le Monde» einen malischen Offizier. «Es wird schwerfälliger und bürokratischer sein, weil es unter Kontrolle der russischen Armee agiert.»

Russland scheint aber durchaus gewillt, weiterhin die Feuerkraft der malischen Armee zu stärken. Die Nachrichtenagentur AP berichtet, Russland habe unter Umgehung europäischer Sanktionen Frachtschiffe mit Artilleriegeschützen und Panzern nach Guinea an der westafrikanischen Küste geschickt. Von dort sei das Militärgerät auf dem Landweg nach Mali gebracht worden.

Foltergefängnisse geführt

Die Bilanz des russischen Engagements in Mali – wie überhaupt im Sahel – ist höchst durchzogen. Zusammen mit der Armee gelangen den Wagner-Truppen einige Terraingewinne. Sie eroberten zum Beispiel die Stadt Kidal im Nordosten des Landes zurück, die fast zehn Jahre lang unter der Kontrolle von Tuareg-Rebellen gestanden hatte.

Doch die Sicherheitslage in Mali hat sich seit dem Eintreffen des ersten Wagner-Kontingents vor dreieinhalb Jahren nicht verbessert – sondern stark verschlechtert. Das trifft vor allem die Zivilbevölkerung. Im März 2022 sollen malische Soldaten und Wagner-Kämpfer im Ort Moura im Zentrum des Landes mehr als 500 Zivilisten exekutiert haben – weil Bewohner des Ortes angeblich mit Jihadisten kooperiert hatten.

Das Recherchekollektiv Forbidden Stories hat Mitte Juni auch berichtet, Wagner habe in Mali Hunderte von Zivilisten entführt und gefoltert, unter anderem in früheren Uno-Basen. Wagner hat in Mali auch empfindliche Verluste erlitten. Im Juli 2024 zum Beispiel töteten Tuareg-Rebellen mutmasslich mehr als 80 Wagner-Kämpfer beim Ort Tinzaouaten.

In den vergangenen Wochen haben mit al-Kaida affiliierte Jihadisten zudem neue Offensiven gestartet. Bei mehreren Angriffen töteten sie Dutzende von Soldaten. Allein bei einem Angriff auf eine Militärbasis in Boulikessi im Zentrum des Landes wurden mehr als 30 Soldaten getötet – die Jihadisten behaupteten gar, mehr als 100 Soldaten getötet zu haben.