... Afrika produziert Güter, die auf dem internationalen Markt stark nachgefragt werden.
KG: "Aber so gut wie keine, die mit Hilfe afrikanischer Intelligenz und
Qualifikation so hergestellt und verarbeitet sind, dass sie auf dem
Weltmarkt gewinnbringend verkauft werden können."
So ist beispielsweise Burkina Faso mit 185 Tsd. Tonnen der dreizehnt-größte Baumwollproduzent weltweit. Baumwolle ist ein Produkt, das entlang der Wertschöpfungskette nicht unbedingt, wie auch von Ihnen gefordert, eine umfassend qualifizierte Arbeiterschaft benötigt.
Wesentliche Produktionssteigerungen können z. B. durch industrielles Pflücken, hohen manuellen Einsatz, gesteuerte Agrarkulturen und eine optimierte Logistik erreicht werden. Nicht zuletzt muss der weltweite Absatz sichergestellt sein. Insbesondere bei letzterem hat Burkina Faso große Probleme, da z. B. durch subventionierte Baumwolle der USA die Preise verzerrt werden, während ein Großteil der chinesischen und indischen Baumwolle in der Textilindustrie dieser Länder selbst verwertet wird. Diese Textilindustrie fehlt in Burkina Faso,
KG: "Warum? Wer hat sie verhindert?"
dem internationalen Absatz kann sich das Land nur über ruinöse Preise stellen - zu Lasten des einheimischen Lohnanteils, der kaum einen ausreichenden Lebensstandard garantiert. Die Logistik im Land ist abenteuerlich, eine Steuerung der Agrarkulturen findet kaum statt, eine industriell optimierte Wertschöpfungskette lohnt sich, aus betriebswirtschaftlicher Sicht, kaum.
KG: "Wer ist für diese Mängel verantwortlich - die Länder des Nordens oder
die Afrikaner selbst?"
Auch Ihr Hinweis auf die EBA-Regel geht fehl. So behält sich die EU vor, im Fall einer vermuteten Schädigung der europäischen Landwirte, von Protektion Gebrauch zu machen.
KG: "Das ist aber nicht geschehen."
Wie gesehen bei den (auslaufenden) Zuckermarktregelungen: Seit Einführung der EBA im Jahr 2001 waren z. B. für Äthiopien die Einbußen beim Zuckererxport so hoch, wie die gesamten nationalen Ausgaben für die Bekämpfung von AIDS. Die relative Wirkungslosigkeit der EBA-Regel wird deutlich, betrachtet man die Exporte der least developed countries in die EU: diese nahmen seit 2001 um rund 10% zu, während der Anteil der EBA-Exporte an den Gesamtexporten nur rund 3% betrug.
KG: "Nachdem in den letzten Jahren die Einschränkungen bei Zucker,
Bananen und Reis ausgelaufen sind, kann alles frei in die EU exportiert
werden. Warum gibt es in den afrikanischen LDC's keine Unternehmen, die
dieses Privileg zu nutzen wissen?"
Hinzu kommen volkswirtschaftliche Realitäten wie z. B. die "Holländische Krankheit" bei rohstoffreichen Ländern, die die einheimischen Märkte und Mechanismen zusätzlich belasten: insbesondere durch den umfangreichen Export von Rohstoffen entstehen Aussenhandelsüberschüsse, die die einheimische Währung aufwerten und damit Absatzprobleme bei den übrigen exportierenden Industrien verursachen. Eine weitere Barriere sind die hohen Zölle im Süd-Süd-Handel der afrikanischen Länder untereinander, wobei die SSA-Länder meist auf diese Zölle als eine der größten Einnahmequellen angewiesen sind.
KG: "Wer ist dafür verantwortlich, dass so viele afrikanische Regierungen
nicht in der Lage sind, ein effektives Steuersystem einzuführen - die
Länder des Nordens oder die Afrikaner selbst?"
Eine volkswirtschaftliche Realität ist auch, dass die Entwicklungshilfe selbst kontraproduktiv wirkt, da sie in der Regel 8% der Einnahmen der Länder in Afrika überschreitet.
KG: "Niemand verpflichtet die Afrikaner, so viel Entwicklungshilfe
anzunehmen."
Sie bewirkt damit direkt eine Zementierung der bemängelten "verpassten Exportchancen Afrikas".
Es ist richtig, dass die Afrikaner, wenn man es pauschal sagen will, eine Mitschuld an der relativen Unattraktivität Ihrer Märkte tragen. Die mangelnde Motivation der Akteure vor Ort, daran etwas zu ändern, ist jedoch angesichts der Fülle der Herausforderungen und einer verfehlten Entwicklungspolitik, bei der sich "jeder mal versuchen darf" - angefangen beim einzelnen kleinen Entwicklungshelfer bis zum staatstragenden Millionenprogramm - mehr als verständlich.
KG: "Mit einer solchen Haltung zementiert man Unterentwicklung."
Unternehmen haben durchaus die Attraktivität des afrikanischen Kontinents erkannt. Südafrika, Namibia, Botswana sind hier seit langem, und Ruanda seit kürzerem, interessante Beispiele. Der Rest des Kontinents bleibt jedoch, nicht nur aufgrund der oben genannten Hindernisse, aufgrund von mangelnder Infrastruktur, einem mangelnden Mittelstand als Absatzkanal und mittelständischen Unternehmen als Absatzmittler, relativ uninteressant und zu risikoreich. Allein Unternehmen, die sich mit lohnenden und robusten Produkten auf den Märkten behaupten können, haben einen vergleichbaren Wettbewerbsvorteil. Die Telekommunikationsbranche ist dabei besonders und gewinnbringend aktiv. Es wird jedoch noch bestimmt 50 bis 100 Jahre dauern, bis sich z. B. deutsche Maschinenbauer mit hochspezialisierten Drehmaschinen oder Bearbeitungszentren im großen Umfang, wie in Asien, in Afrika engagieren können oder wollen
KG: "Aber nicht, weil sie etwas gegen Afrika hätten. Unternehmer
investieren da, wo sie unter akzeptablen Bedingungen profitabel
wirtschaften können. In den meisten afrikanischen Ländern sind diese
Bedingungen nicht gegeben. Für deren Schaffung sind nicht die
ausländischen Unternehmer zuständig."
- das deutsche Idealverständnis von "Exportchance" wird in absehbarer Zeit niemals in Afrika greifen. Es gehören sowohl "die Afrikaner", die Bevölkerung und ihre politischen Führer, als auch Unternehmen, die direkt investieren oder exportieren wollen, zu den Leidtragenden einer verfehlten Entwicklungspolitik mit ihren falschen Anreizen und damit strukturellen Problemen: keiner kann wie er möchte und so suchen Unternehmen woanders Märkte, während Afrika weiterhin von einer Entwicklungshilfe profitiert, mit deren Hilfe sich jeder gut eingerichtet hat - auf Seite der Hilfeempfänger und der Helfenden. Der Aufbau vielfältiger und gewinnbringender Industrien wird so weder gefordert noch gefördert.
In diesem Zusammenhang nur darauf zu schimpfen, dass keine qualifizierte Arbeiterschaft vorhanden sei und die Afrikaner eine große, wenn nicht die größte, Mitschuld daran tragen, dass Exportchancen verpasst werden, greift zu kurz.
Mon, 10 Jan 2011 - 16:59
zum Beitrag von Falco Riemer vom 6.1.
... Afrika produziert Güter, die auf dem internationalen Markt stark nachgefragt werden.
KG: "Aber so gut wie keine, die mit Hilfe afrikanischer Intelligenz und
Qualifikation so hergestellt und verarbeitet sind, dass sie auf dem
Weltmarkt gewinnbringend verkauft werden können."
So ist beispielsweise Burkina Faso mit 185 Tsd. Tonnen der dreizehnt-größte Baumwollproduzent weltweit. Baumwolle ist ein Produkt, das entlang der Wertschöpfungskette nicht unbedingt, wie auch von Ihnen gefordert, eine umfassend qualifizierte Arbeiterschaft benötigt.
Wesentliche Produktionssteigerungen können z. B. durch industrielles Pflücken, hohen manuellen Einsatz, gesteuerte Agrarkulturen und eine optimierte Logistik erreicht werden. Nicht zuletzt muss der weltweite Absatz sichergestellt sein. Insbesondere bei letzterem hat Burkina Faso große Probleme, da z. B. durch subventionierte Baumwolle der USA die Preise verzerrt werden, während ein Großteil der chinesischen und indischen Baumwolle in der Textilindustrie dieser Länder selbst verwertet wird. Diese Textilindustrie fehlt in Burkina Faso,
KG: "Warum? Wer hat sie verhindert?"
dem internationalen Absatz kann sich das Land nur über ruinöse Preise stellen - zu Lasten des einheimischen Lohnanteils, der kaum einen ausreichenden Lebensstandard garantiert. Die Logistik im Land ist abenteuerlich, eine Steuerung der Agrarkulturen findet kaum statt, eine industriell optimierte Wertschöpfungskette lohnt sich, aus betriebswirtschaftlicher Sicht, kaum.
KG: "Wer ist für diese Mängel verantwortlich - die Länder des Nordens oder
die Afrikaner selbst?"
Auch Ihr Hinweis auf die EBA-Regel geht fehl. So behält sich die EU vor, im Fall einer vermuteten Schädigung der europäischen Landwirte, von Protektion Gebrauch zu machen.
KG: "Das ist aber nicht geschehen."
Wie gesehen bei den (auslaufenden) Zuckermarktregelungen: Seit Einführung der EBA im Jahr 2001 waren z. B. für Äthiopien die Einbußen beim Zuckererxport so hoch, wie die gesamten nationalen Ausgaben für die Bekämpfung von AIDS. Die relative Wirkungslosigkeit der EBA-Regel wird deutlich, betrachtet man die Exporte der least developed countries in die EU: diese nahmen seit 2001 um rund 10% zu, während der Anteil der EBA-Exporte an den Gesamtexporten nur rund 3% betrug.
KG: "Nachdem in den letzten Jahren die Einschränkungen bei Zucker,
Bananen und Reis ausgelaufen sind, kann alles frei in die EU exportiert
werden. Warum gibt es in den afrikanischen LDC's keine Unternehmen, die
dieses Privileg zu nutzen wissen?"
Hinzu kommen volkswirtschaftliche Realitäten wie z. B. die "Holländische Krankheit" bei rohstoffreichen Ländern, die die einheimischen Märkte und Mechanismen zusätzlich belasten: insbesondere durch den umfangreichen Export von Rohstoffen entstehen Aussenhandelsüberschüsse, die die einheimische Währung aufwerten und damit Absatzprobleme bei den übrigen exportierenden Industrien verursachen. Eine weitere Barriere sind die hohen Zölle im Süd-Süd-Handel der afrikanischen Länder untereinander, wobei die SSA-Länder meist auf diese Zölle als eine der größten Einnahmequellen angewiesen sind.
KG: "Wer ist dafür verantwortlich, dass so viele afrikanische Regierungen
nicht in der Lage sind, ein effektives Steuersystem einzuführen - die
Länder des Nordens oder die Afrikaner selbst?"
Eine volkswirtschaftliche Realität ist auch, dass die Entwicklungshilfe selbst kontraproduktiv wirkt, da sie in der Regel 8% der Einnahmen der Länder in Afrika überschreitet.
KG: "Niemand verpflichtet die Afrikaner, so viel Entwicklungshilfe
anzunehmen."
Sie bewirkt damit direkt eine Zementierung der bemängelten "verpassten Exportchancen Afrikas".
Es ist richtig, dass die Afrikaner, wenn man es pauschal sagen will, eine Mitschuld an der relativen Unattraktivität Ihrer Märkte tragen. Die mangelnde Motivation der Akteure vor Ort, daran etwas zu ändern, ist jedoch angesichts der Fülle der Herausforderungen und einer verfehlten Entwicklungspolitik, bei der sich "jeder mal versuchen darf" - angefangen beim einzelnen kleinen Entwicklungshelfer bis zum staatstragenden Millionenprogramm - mehr als verständlich.
KG: "Mit einer solchen Haltung zementiert man Unterentwicklung."
Unternehmen haben durchaus die Attraktivität des afrikanischen Kontinents erkannt. Südafrika, Namibia, Botswana sind hier seit langem, und Ruanda seit kürzerem, interessante Beispiele. Der Rest des Kontinents bleibt jedoch, nicht nur aufgrund der oben genannten Hindernisse, aufgrund von mangelnder Infrastruktur, einem mangelnden Mittelstand als Absatzkanal und mittelständischen Unternehmen als Absatzmittler, relativ uninteressant und zu risikoreich. Allein Unternehmen, die sich mit lohnenden und robusten Produkten auf den Märkten behaupten können, haben einen vergleichbaren Wettbewerbsvorteil. Die Telekommunikationsbranche ist dabei besonders und gewinnbringend aktiv. Es wird jedoch noch bestimmt 50 bis 100 Jahre dauern, bis sich z. B. deutsche Maschinenbauer mit hochspezialisierten Drehmaschinen oder Bearbeitungszentren im großen Umfang, wie in Asien, in Afrika engagieren können oder wollen
KG: "Aber nicht, weil sie etwas gegen Afrika hätten. Unternehmer
investieren da, wo sie unter akzeptablen Bedingungen profitabel
wirtschaften können. In den meisten afrikanischen Ländern sind diese
Bedingungen nicht gegeben. Für deren Schaffung sind nicht die
ausländischen Unternehmer zuständig."
- das deutsche Idealverständnis von "Exportchance" wird in absehbarer Zeit niemals in Afrika greifen. Es gehören sowohl "die Afrikaner", die Bevölkerung und ihre politischen Führer, als auch Unternehmen, die direkt investieren oder exportieren wollen, zu den Leidtragenden einer verfehlten Entwicklungspolitik mit ihren falschen Anreizen und damit strukturellen Problemen: keiner kann wie er möchte und so suchen Unternehmen woanders Märkte, während Afrika weiterhin von einer Entwicklungshilfe profitiert, mit deren Hilfe sich jeder gut eingerichtet hat - auf Seite der Hilfeempfänger und der Helfenden. Der Aufbau vielfältiger und gewinnbringender Industrien wird so weder gefordert noch gefördert.
In diesem Zusammenhang nur darauf zu schimpfen, dass keine qualifizierte Arbeiterschaft vorhanden sei und die Afrikaner eine große, wenn nicht die größte, Mitschuld daran tragen, dass Exportchancen verpasst werden, greift zu kurz.