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Wed, 28 Mar 2012 - 20:00

Elke Zarth, Ségou, Mali
Posting

Zum Putsch in Mali und dem Artikel in Le Monde, 26.03.2012

« LE MONDE

L'exemplaire démocratie sénégalaise

Vu de Bamako, Dakar doit faire rêver ! Alors que la capitale du Mali vit à l'heure du chaos et de la confusion, celle du Sénégal célébrait, dimanche 25 mars, à l'occasion du second tour d'une élection présidentielle, une démocratie solide et sereine. Ainsi va l'Afrique de l'Ouest - toujours dominée par l'exemplarité politique du Sénégal. … »

Nachdem wir uns nun einige Tage mit der Berichterstattung über den Putsch in Mali befassen konnten, gibt mir der Ausschnitt des obigen Artikels von Le Monde Anlass zu ein paar deutlichen Worten:

Inzwischen ist eine Woche vergangen und es kann keine Rede von Chaos und Konfusion sein. Wider alles (internationale) Erwarten ist das CNRDR bemüht, Normalität herzustellen und für die Sicherheit im Land zu sorgen. Man kann sich frei und sicher bewegen, es gibt keine Reiseeinschränkung und keine nennenswerten Versorgungsengpässe! Kundgebungen in der Hauptstadt - ob pro oder contra - sind ruhig verlaufen, die Menschen können sich über Radio und Fernsehen frei zur Sache äußern. Alle Institutionen haben ihre Arbeit wieder aufgenommen - das Land funktioniert.

Die bedrückenden Probleme im Norden sind nicht nur der Ausgangspunkt für den Putsch, sondern auch höchste Priorität des CNRDR. Schon lange hatte man (im Bunde mit den Anrainerstaaten) moniert, dass nicht entschieden gegen die marodierenden Gruppierungen im Norden vorgegangen wird und inzwischen wurde gar der Vorwurf laut, selbst ATT habe dort eigene Interessen zu schützen - was allerdings unzweifelhaft für seine Entourage an der ehemaligen Regierungsspitze gilt.

Kuriose Rückzugsstrategien der malischen Armee haben in der Vergangenheit nicht zur Stärkung der malischen Souveränität geführt, sondern eher zu ihrer Aufweichung. Die fehlenden Mittel sind nun in Munitionslagern auf dem Weg in den Norden gefunden worden, nachdem die malische Regierung sich schon lange nicht mehr zu schade war, die Bevölkerung zu Spenden für die Unterhaltung der Armee aufzurufen - trotz enormer Hilfen aus dem Ausland.

Dass ein Putsch kein demokratisches Mittel für politische Veränderung ist, muss nicht betont werden. Das innewohnende Risiko ist sehr hoch. Das Verlesen einer neuen Verfassung ist ein schwerwiegender Schritt, der auf sehr unsicherem Terrain gemacht wird. Die Verantwortung wiegt sehr schwer (vergessen wir aber nicht, dass ATT selbst seinerzeit die Vorlage für diesen Weg geliefert hat) und das Manövrieren birgt Gefahren.

Dennoch sollte man dem Vermögen vor allem der malischen Bevölkerung, in Zeiten von Krise und Bedrohung, derart Ruhe zu wahren und sich auf die Organisation des normalen Alltags zu konzentrieren anstatt sich wie noch kürzlich Elfenbeinküste in bürgerkriegsähnliche Unruhen zu verlieren, Anerkennung zollen. Es ist ein enormer Ausdruck von demokratischem Verständnis. Die Mehrzahl der Malier steht entschieden hinter dem CNRDR, weil sie nach zu vielen Versprechungen (und dem daraus resultierenden unausweichlichen Vertrauensbruch) endlich Handeln sehen will und sie scheint entschlossen, ihren Beitrag dazu zu leisten.

Dass die internationale Journaille dem kaum Beachtung schenkt, ist bedauerlich. Sie füttert die Empfänger mit den üblichen Putsch-Bildern, sucht nach Toten und Verletzten. Seit es in der Art nichts mehr zu vermelden gibt, ist die Berichterstattung nahezu verebbt. Man ist enttäuscht - der Klassenbeste im Fach Demokratie ist abgetreten. Die internationale Diplomatie reagiert mit Zurechtweisungen, Drohungen (man werde die Hilfen einstellen - eine nicht eben konstruktive Leistung!!) und Ablehnung. Man packt die Koffer, weil die schöne, aber leider sehr dünne "Tischlein-deck-dich-Demokratie" in ein unangenehm unruhiges Puzzle zerfallen ist, das keiner zu reparieren weiß. Dabei hat man nicht schlecht mit an den Teilen herumgeschnipselt, damit das Bild passte. Wie viele Hilfsgelder sind in all den Jahren unkommentiert abgeschrieben worden, wie viele Schönschreibberichte haben die Fassade mitgehalten? Wie wenig wurde die Umsetzung der demokratischen Dezentralisierungsreformen kontrolliert?

Wo sind nun die internationalen Berater? Wo ist die Unterstützung für die Vorbereitung demokratischer Wahlen? Jetzt wäre der Moment, zu zeigen, dass man ein Land - und damit ist seine Bevölkerung gemeint und nicht seine Regierung - auch in seiner Krise nicht allein lässt. Dass es in der Präsenz tausender internationaler Kooperatoren auch eine inhaltliche Konsequenz gibt.
Ich wünsche dem malischen Volk von Herzen weiterhin viel Durchhaltevermögen für einen positiven Ausgang aus dieser Krise und dass ihm in diesen Zeiten die Unterstützung zuteil wird, die es verdient.