Der wichtigste Satz der Rede lautet: „Wir erwarten von afrikanischen Regierungen Eigenanstrengungen.“ Das Wörtchen „mehr“ fehlt, ist aber sicher mitgemeint. Noch besser hätte der Minister gesagt: Wir geben erst dann Entwicklungshilfe, wenn die afrikanischen Partner alle eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Das würde allerdings dazu führen, dass er bald arbeitslos würde.
Müller sagt vieles, das ratlos macht. Wie kann er von „extremer Not“, vom „Elend der Flüchtlinge“, von „dramatischer Jugendarbeitslosigkeit“ und Korruption sprechen, von Gewalt in vielen Staaten, von zwei Dritteln der Afrikaner, die keinen Strom hätten – um dann festzustellen: „Afrika ist erfolgreich.“
Wie kann er von „rasantem Wirtschaftswachstum“ reden, ohne hinzuzufügen, dass davon bei der Masse der Menschen nichts ankommt, weil die herrschende Klasse sich ein Großteil der Erlöse aus dem Verkauf von Bodenschätzen unter den Nagel reißt?
Oder: „Viel zu wenige Firmen in Deutschland haben bisher die Chancen (der afrikanischen) Märkte erkannt.“ Doch, natürlich wissen sie Bescheid. Deutsche Unternehmer meiden Afrika, weil sie erkannt haben, dass es dort für sie interessante Chancen kaum gibt.
Merkwürdig übrigens auch, dass der Minister die Ausdehnung der Hermes-Deckung auf weitere acht Länder Afrikas erwähnt. Erstens ist er für Hermes gar nicht zuständig, sondern das Wirtschaftsministerium (das diese Nachricht bereits vor einem halben Jahr verbreitet hat), und zweitens bedeutet Hermes Exportförderung für die deutsche Wirtschaft – aber nicht Entwicklungshilfe für Afrika.
In der von Müller vorgetragenen Zwischenbilanz stecken viele Verzerrungen und Ungereimtheiten, und die Frage stellt sich natürlich, wie auf einer solchen Basis schlüssige Politik entstehen kann.
Vieles in der „Bilanz“ bezieht sich auf die Zukunft: Sonderprogramm „Gesundheit in Afrika“
Fonds für Unternehmensgründer, „Grüne Innovationszentren“, Berufsbildung … Das meiste könnten die Afrikaner selbst leisten, ohne unsere Hilfe, wenn vor allem die politisch Verantwortlichen klüger wirtschafteten und motivierter und organisierter ans Werk gingen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist nach wie vor – auch unter Minister Müller – das Grundübel der Entwicklungspolitik unser Gestaltungswahn, der afrikanische Initiative erstickt. Der Minister spricht von „meiner Version“, etwa für Energieprojekte, und von „unserer Herausforderung“.
Afrikanische Führungscliquen hören das gern und können sich weiter zurücklehnen.
Afrika braucht unsere Visionen nicht, es muss eigene haben und sie mit eigenen Kräften zielstrebig verfolgen.
Wed, 1 Jul 2015 - 00:12
Der wichtigste Satz der Rede lautet: „Wir erwarten von afrikanischen Regierungen Eigenanstrengungen.“ Das Wörtchen „mehr“ fehlt, ist aber sicher mitgemeint. Noch besser hätte der Minister gesagt: Wir geben erst dann Entwicklungshilfe, wenn die afrikanischen Partner alle eigenen Möglichkeiten ausgeschöpft haben. Das würde allerdings dazu führen, dass er bald arbeitslos würde.
Müller sagt vieles, das ratlos macht. Wie kann er von „extremer Not“, vom „Elend der Flüchtlinge“, von „dramatischer Jugendarbeitslosigkeit“ und Korruption sprechen, von Gewalt in vielen Staaten, von zwei Dritteln der Afrikaner, die keinen Strom hätten – um dann festzustellen: „Afrika ist erfolgreich.“
Wie kann er von „rasantem Wirtschaftswachstum“ reden, ohne hinzuzufügen, dass davon bei der Masse der Menschen nichts ankommt, weil die herrschende Klasse sich ein Großteil der Erlöse aus dem Verkauf von Bodenschätzen unter den Nagel reißt?
Oder: „Viel zu wenige Firmen in Deutschland haben bisher die Chancen (der afrikanischen) Märkte erkannt.“ Doch, natürlich wissen sie Bescheid. Deutsche Unternehmer meiden Afrika, weil sie erkannt haben, dass es dort für sie interessante Chancen kaum gibt.
Merkwürdig übrigens auch, dass der Minister die Ausdehnung der Hermes-Deckung auf weitere acht Länder Afrikas erwähnt. Erstens ist er für Hermes gar nicht zuständig, sondern das Wirtschaftsministerium (das diese Nachricht bereits vor einem halben Jahr verbreitet hat), und zweitens bedeutet Hermes Exportförderung für die deutsche Wirtschaft – aber nicht Entwicklungshilfe für Afrika.
In der von Müller vorgetragenen Zwischenbilanz stecken viele Verzerrungen und Ungereimtheiten, und die Frage stellt sich natürlich, wie auf einer solchen Basis schlüssige Politik entstehen kann.
Vieles in der „Bilanz“ bezieht sich auf die Zukunft: Sonderprogramm „Gesundheit in Afrika“
Fonds für Unternehmensgründer, „Grüne Innovationszentren“, Berufsbildung … Das meiste könnten die Afrikaner selbst leisten, ohne unsere Hilfe, wenn vor allem die politisch Verantwortlichen klüger wirtschafteten und motivierter und organisierter ans Werk gingen.
Gerade vor diesem Hintergrund ist nach wie vor – auch unter Minister Müller – das Grundübel der Entwicklungspolitik unser Gestaltungswahn, der afrikanische Initiative erstickt. Der Minister spricht von „meiner Version“, etwa für Energieprojekte, und von „unserer Herausforderung“.
Afrikanische Führungscliquen hören das gern und können sich weiter zurücklehnen.
Afrika braucht unsere Visionen nicht, es muss eigene haben und sie mit eigenen Kräften zielstrebig verfolgen.