Beitrag vom 10.05.2023
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Schaben plagen die Menschen am Kap
Von: Johannes Dieterich
In Südafrika verbreiten sich Kakerlaken in bisher nicht gekanntem Ausmaß – aber Chlor allein ist auch keine Lösung.
In den biblischen Kanon der zehn Plagen, die über Ägypten hereinbrachen, hat es die gemeine Küchenschabe nicht gebracht: Dass die sechsfüßige Kakerlake Menschen trotzdem zur Verzweiflung bringen kann. das bekommt die Bevölkerung Südafrikas derzeit zu spüren. Das Kap der Guten Hoffnung leide unter einer „beinahe pandemischen“ Ausbreitung der verpönten Insekten, gab Elriza Theron, Marketing-Chefin der Lobby-Gruppe „Crop Life South Africa“, kürzlich bekannt: Ihre Organisation könne sich vor Hilferufen aus dem ganzen Land kaum retten.
Die eineinhalb Zentimeter langen Tierchen, die trotz ihres asiatischen Ursprungs im englischsprachigen Raum „German cockroaches“ heißen, sind dafür berühmt geworden, dass sie als eine von wenigen Tierarten einen Atomschlag überleben könnten. Sie zählen vor allem deshalb zu den unbeliebtesten Lebewesen, weil sie quasi nicht mehr vertrieben werden können, wenn sie sich mal in einer Küche einquartiert haben. Und weil sie sich so flach machen können, dass sie auch durch den kleinsten Spalt in Vorratsschränke gelangen. Meist ziehen sie sich tagsüber in Abflussrohre oder die Kanalisation zurück, was ihrer Reputation auch nicht förderlich ist: Sie können 33 verschiedene Bakteriensorten, sechs Arten von Parasitenwürmern und sieben andere Pathogene übertragen.
Der Grund für die Schabenplage am Kap ist nach Auffassung von Sebastian Seelig, dem Geschäftsführer der Öko-Organisation „Pest Free South Africa“, das ungewöhnlich warme und feuchte Klima der vergangenen zwei Jahre. Kakerlaken lieben die Wärme, weshalb sie sich auch gerne in der Nähe von Backöfen, Kühlschränken oder anderen elektrischen Geräten niederlassen. Das sind schlechte Aussichten für die Menschen am Kap: Im Zuge der Klimaerwärmung wird dem Land eine erheblich Temperaturerhöhung prognostiziert – um bis zu drei Grad bis 2050. Ein weiterer Grund für die Kakerlaken-Explosion sollen die schlechten hygienischen Verhältnisse hierzulande sein. Angesichts der zunehmenden Verarmung der Bevölkerung des katastrophal regierten Staats ist auch in dieser Hinsicht keine Besserung zu erwarten.
Für den Kampf gegen die unbeliebten Mitbewohner empfiehlt der emeritierte Kapstädter Biologieprofessor Mike Picker in schlechtester südafrikanischer Tradition „starke“, in den Abfluss geschüttete Chlorlösungen. Organisationen wie Pest Free South Africa warnen dagegen vor Chemokeulen und zweifelhaften Insektenvernichtungsmitteln: Sie seien neben dem Leben der Kakerlaken auch der Gesundheit jener abträglich, bei denen sie sich eingenistet haben.
Angesichts von Ratschlägen und Panikmache können die Menschen in Südafrika nur auf den bevorstehenden Winter hoffen – und dass er so vielen Schaben wie möglich den Garaus macht.