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For a different development policy!

Beitrag vom 14.07.2023

welt.de

Feministische Entwicklungshilfe funktioniert nicht

Von Rebecca Schönenbach

Hilfsgelder gegen Frauenrechte: Das klingt sinnvoll. Doch die neue Strategie der feministischen Entwicklungspolitik verzichtet auf diesen Ansatz. Man will nicht an den Rassismus der Kolonialzeit anknüpfen – bewirkt aber das Gegenteil.

In den im März vom Bundesministerium für Entwicklungszusammenarbeit (BMZ) veröffentlichten Vorgaben für eine „Feministische Entwicklungspolitik“ wird der Grundsatz postuliert: „Für alle Maßnahmen der deutschen Entwicklungspolitik gilt dabei der Do-no-harm-Ansatz als Mindeststandard. Dies bedeutet, dass wir im Dialog mit Umsetzungspartner*innen und Zielgruppen für alle Maßnahmen sicherstellen, dass bestehende diskriminierende Machtverhältnisse und Strukturen nicht gefestigt werden.“

Im Hinblick auf den feministischen Ansatz wird weiter ausgeführt: „Ist ein neues Vorhaben geplant, ist darauf zu achten, dass es bestehende geschlechtsspezifische Ungleichheiten, Benachteiligungen oder Diskriminierungen nicht festigt oder verstärkt.“

Das hört sich nach einer konkreten Zielvorgabe an, an der künftige Hilfe ausgerichtet werden könnte. Wer davon ausgeht, dass feministische Entwicklungszusammenarbeit darauf zielt, gleiche Rechte für Frauen und Männer durchzusetzen, könnte als direkte Maßnahme Zahlungen in alle Länder stoppen, deren Regierungen sich weigern, Genitalverstümmelung effektiv zu bekämpfen, zum Beispiel Eritrea, Sierra Leone und Mali. In all diesen Ländern finanziert das BMZ Projekte.

„Das Gender-Thema wird zu einer Weltnorm gemacht“

Spätestens seit den 1990er-Jahren gilt es jedoch als Tabu, Entwicklungshilfe mit Bedingungen zu verknüpfen, vielmehr sollen die Empfängerländer als Partner gesehen werden, mit denen gemeinsam Entwicklungszusammenarbeit gestaltet wird.

Durch die Finanzierung und Durchführung von Aufklärungsprojekten zum Beispiel über Genitalverstümmelung und Hilfe für die Opfer soll ein Mentalitätswandel erreicht werden. Bis dahin werden Millionen weiterer Frauen brutal verstümmelt, die eventuell durch die Vorgabe von Bedingungen hätten gerettet werden können.

In der Veröffentlichung des BMZ wird ein Grund mitgeliefert, warum auf Unterstützung und Förderung ohne jede Bedingung gesetzt wird. Das BMZ betont, sich der kolonialen Vergangenheit Deutschlands bewusst zu sein und gegen weiter bestehende rassistische Strukturen wirken zu wollen. Es habe die Zivilgesellschaft vernommen, die fordere, auf Konditionalitäten in Entwicklungsvereinbarungen zu verzichten und die Süd-Süd-Kooperation zu stärken.

Auch andere Länder verfolgen die Süd-Süd-Kooperation. Chinesische Abgesandte beispielsweise besingen seit kurzem den „Globalen Süden“ und chinesische Offizielle bezeichnen universale Werte als „eine Form von Rassismus“. Statt individueller Rechte sollte auf „Universale Sicherheit“ gesetzt werden, zu diesem Zweck verkündete der chinesische Präsident Xi Jinping im Mai die „Global Civilisation Initiative“.

Darin enthalten ist auch die Entwicklung des Globalen Südens, bei deren Hilfe China im Gegensatz zu demokratischen Regierungen nicht auf Bedingungen verzichtet. Länder, die sich Taiwan annähern oder die Menschenrechtslage in China kritisieren, können nicht mit Unterstützung rechnen. Leistet China Hilfe, dann immer mit Bedingungen, die dem Land ökonomische oder politische Vorteile sichern.

Das ist ein rassistisches Konzept

Während das BMZ also richtigerweise aus rassistischer Vergangenheit lernen will, zieht es die falschen Schlüsse und verstärkt Tendenzen, auf universale Menschenrechte als Leitprinzip zu verzichten beziehungsweise „andere Sichtweisen“ nicht zu sanktionieren. Gerade im Hinblick auf Frauenrechte ist dies jedoch ein rassistisches Konzept, denn damit wird de facto akzeptiert, dass Frauen in Entwicklungsländern nicht die gleichen Rechte wie „weiße“ Frauen hätten.

Der „gendertransformative Ansatz“ des BMZ läuft Gefahr, nicht nur bestehende diskriminierende Machtverhältnisse und Strukturen zu verfestigen, sondern überlässt das Feld auch Diktatoren, die in alter Kolonialmanier ihre Macht auf dem Rücken der Menschen in Entwicklungsländern ausbauen.

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Rebecca Schönenbach ist Volkswirtin, Spezialistin für Islamismus und Vorstand von Frauen für Freiheit. Sie berät international Firmen und Behörden zu Maßnahmen gegen Extremismus.