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Beitrag vom 17.08.2011

Greenpeace Magazin

Der Reiz der Kleinfamilie: Afrika muss umdenken

Von Carola Frentzen und Shabtai Gold, dpa Addis Abeba

Die Bevölkerung Afrikas hat sich in den vergangenen 25 Jahren auf eine Milliarde Menschen verdoppelt. In Krisenzeiten, wie der derzeitigen schweren Dürre am Horn von Afrika, stellt sich die Frage: Machen all die Nahrungsmittelverteilungen internationaler Hilfsorganisationen überhaupt Sinn, wenn nicht gleichzeitig eine der Hauptursachen des Hungers bekämpft wird - die stetig steigende Zahl in äußerster Armut lebender Menschen? Bei Hilfsprojekten geht es aber nicht nur um die Vermittlung von Verhütungstipps, sondern auch der Vorteile einer Kleinfamilie.

Wenn der derzeitige Trend anhält, dann wird sich die Zahl der Afrikaner bis 2050 noch einmal auf zwei Milliarden verdoppeln. Spitzenreiter in diesem Wachstumsprozess sind Ost- und Westafrika. Die rasante Zunahme der Zahl armer Menschen könnte unter anderem die bisher erzielten Erfolge bei den Millenniums-Entwicklungszielen wieder zunichtemachen. Aber es ist nicht leicht, ein Umdenken einzuleiten - denn in den Köpfen vieler in ländlichen Gebieten lebender Afrikaner ist eine hohe Kinderzahl gleichbedeutend mit Reichtum.

Dass genau das Gegenteil der Fall ist, ist für die meisten - die tief in in ihren Kulturen verwurzelt sind und nie die Möglichkeit hatten, eine Schule zu besuchen - nicht leicht zu verstehen. Erschwerend hinzu kommt der Trend, bereits in sehr jungem Alter ein Kind zu bekommen: «In Entwicklungsländern ist jede fünfte junge Frau zwischen 15 und 19 Jahren verheiratet», stellte jüngst ein Bericht des Kinderhilfswerks Unicef fest. «In Afrika haben 25 Prozent der 20- bis 24-jährigen Frauen ihr erstes Kind schon vor ihrem 18. Geburtstag bekommen.»

Das Resultat ist ein Teufelskreis. «Armut erzeugt Bevölkerungswachstum», sagt Adam Rogers vom Entwicklungsprogramm der Vereinten Nationen (UNDP). Andersherum erzeugt Bevölkerungswachstum aber Armut. Was können afrikanische Regierungen und internationale Organisationen also tun, um dem Problem zu begegnen?

Das Aufzeigen von Alternativen ist ein Rezept, das eine Kehrtwende einleiten soll. Mehr junge Mädchen in Afrika müssen eine gute Schulbildung erhalten und darüber informiert würden, dass es Verhütungsmöglichkeiten gibt und dass sie nicht bereits als Jugendliche einen Ehemann finden müssen. Der Schlüssel ist Sekundarbildung, denn je länger die Mädchen zur Schule gehen, desto später heiraten sie.

Ein Beispiel aus Äthiopien, wo bereits in verschiedenen Landesteilen versucht wird, eine Trendwende herbeizuführen: Die Bevölkerungszahl des Landes am Horn von Afrika ist trotz immer wiederkehrender Dürren und Hungersnöte von 31 Millionen im Jahr 1973 auf mittlerweile über 80 Millionen gewachsen. «Die Tendenz zu einer hohen Kinderzahl zu stoppen, ist sehr wichtig für unser Land, und zwar sowohl unter wirtschaftlichen als auch unter sozialen Gesichtspunkten», sagt Solomon Dejené, der seit 13 Jahren in einer Klinik im Örtchen Chiro in Ostäthiopien junge Frauen betreut.

Am beliebtesten bei den Frauen in der Gegend seien die Drei-Monats-Spritze und Verhütungsstäbchen im Arm, die fünf Jahre lang empfängnisverhütend wirken. «Vor ein paar Jahren kamen maximal 150 Patientinnen im Monat, jetzt sind es schon 1000», sagt Dejené. Grund für diese Entwicklung sei vor allem die gute Aufklärungsarbeit der örtlichen Gesundheitsbehörde, die bei Hausbesuchen und speziellen Trainings über die Vorteile einer kleineren Familie informiert. Auch kulturelle Tabus fallen: «Viele dachten lange, dass Verhütung nur etwas für Prostituierte ist, aber das hat sich geändert.»

Eine der Frauen, die ihre Mitbürgerinnen vom Gegenteil überzeugt, ist Emebet Abebe. Als Mitarbeiterin des Gesundheitsamtes spricht sie in den Dörfern der Gegend ganz offen über die verschiedenen Möglichkeiten zur Familienplanung. «Ob Vasektomie, Pille, Spritze oder Kondom, wir reden über alles», meint sie. Gleichzeitig spricht sie über die Vorteile einer Kleinfamilie: «Der Wandel in den Köpfen passiert nur langsam. Aber die Menschen beginnen zu verstehen, dass es schwerer ist, fünf Kinder zu ernähren und zur Schule zu schicken als zwei.»

Vor Beginn der Aufklärungsarbeit vor fünf Jahren lag die durchschnittliche Kinderzahl in dem Distrikt bei 5 bis 6. «Mittlerweile ist sie auf 3 bis 4 zurückgegangen», sagt Abebe. Eni Mohamed ist eine der Frauen, die sich nach dem Besuch einer Gesundheitsberaterin in ihrem Dorf für ein Verhütungsstäbchen entschieden hat. «Eine kleinere Zahl Kinder ist besser, weil dann niemand zu kurz kommt», sagt sie. Für die 38-jährige Mutter von sieben Kindern kam das Training aber spät, denn «wenn ich das alles früher verstanden hätte, dann hätte ich weniger Kinder bekommen».