Aller au contenu principal
Pour une autre politique de développement!

Beitrag vom 19.07.2019

Zeit Online

Afrika-Cup

Andere gewinnen Fußballspiele, China erobert die Welt

Wie kein zweites Land macht China in Afrika mit Fußball Geopolitik. Stadien und Technik werden verschenkt. Europa sieht zu, wie sich der Einfluss verschiebt.

Von Fabian Scheler

Bitter für die Ägypter: Wenn an diesem Freitag Algerien gegen Senegal im Finale des Afrika-Cups in Kairo spielen, sind sie nur noch Gastgeber. Das Team um Mo Salah flog im Achtelfinale gegen Südafrika raus, erstmals seit Langem wieder vor 75.000 eigenen Fans, die seit der Stadionkatastrophe von Port Said 2012 von allen Fußballspielen ausgesperrt waren. Für das wichtigste Turnier Afrikas machten die Militärs aber eine Ausnahme.

Nach dem Ausscheiden wurde der Trainer gefeuert, der Verbandspräsident und fast die gesamte Führung trat zurück; viele Fans sind weiterhin in der Fundamentalopposition zum Militärregime von Abdel Fattah al-Sissi.

Chinas Deals

Dabei begann das Turnier mit einem Geschenk. Huawei kündigte an, den höchsten Mobilfunkstandard 5G in Ägypten auszurollen – schnelleres Internet in Nordafrika als in Europa und Nordamerika. Den größten Nutzen davon erhoffte sich, wie so oft in der Geschichte Afrikas, der Überbringer.

Es war China, die Nation, die mehr als jedes andere Land den Fußball zur Außenpolitik nutzt. Wohl auf keinem anderen Kontinent ist das chinesische Engagement so groß wie in Afrika. Der Afrika-Cup ist alle zwei Jahre ein Anlass für einen Deal. Dem Gastgeber von 2017, Gabun, schenkte China zwei Stadien und gab günstige Kredite für zwei weitere. 2010, in Angola, bauten die Chinesen gleich alle Stadien, was mehr als eine halbe Milliarde US-Dollar kostete. 2008 bekam Ghana günstige Kredite.

Es scheint ein Muster zu geben, sagt Simon Chadwick, Professor für Sportbusiness mit dem Schwerpunkt Geopolitik an der Universität Salford: "Da ist eine afrikanische Nation mit natürlichen Ressourcen, meist Öl oder wertvollen und seltenen Metallen. China schenkt Stadien und erhält im Gegenzug bevorzugten Zugang." Das sei die Grundlage für strategische Kooperationen.

Ägypten hatte die Ausrichtung des Turniers im vergangenen November von Kamerun übernommen, weil der Kontinentalverband CAF mit der Organisation nicht zufrieden war. Die Chinesen waren auch in Kamerun engagiert und schnell fanden sie in Ägypten einen Weg. 5G bot die Möglichkeit, sich als Freund des Kontinents zu zeigen. Ein Fußballfunktionär aus Kenia sagte, China werde mit seiner Politik dem afrikanischen Fußball weitaus mehr helfen als die Europäer.

Die Ägypter sind bei Huawei nicht so skeptisch wie Donald Trump, der das chinesische Unternehmen aus den USA verbannt hat. Mehrfach warnten die USA afrikanische Länder vor dem chinesischen Netzanbieter. Auch ein Abteilungsleiter im deutschen Innenministerium sagt über Huawei, man müsse damit rechnen, dass China Spionagesoftware einbaue. "Afrika ist in einen Handelskrieg geraten, an dem sie nicht teilnehmen sollten, weil sie nichts zu gewinnen haben", sagt ein französischer Ökonom über die Fußballpolitik der Chinesen. Tatsächlich gibt es Risiken.

Und Europa?

China ist kein altruistischer Investor. "Das wird oft übersehen", sagt Chadwick. Blickt man auf die Exportzahlen der afrikanischen Länder nach China, steigen die nach den Turnieren, in denen China involviert war, weiter. Entweder ist China schon der dominante Handelspartner, vor allem für Ölprodukte. Oder sie werden es sehr bald nach den Turnieren. Es entsteht eine Abhängigkeit.

Dabei ist unklar, zu welchen Bedingungen China die Stadien baut und welche Forderungen sie stellen, falls Kredite nicht bedient werden können. So wie bei einem Hafen in Sri Lanka, den China übernommen hatte, weil Sri Lanka nicht mehr zahlen konnte. "Dieser Teil von Sri Lanka gehört nun China", sagt Chadwick. Trotzdem hat sich ein munterer Handel mit Afrika entwickelt. "Stadiondiplomatie" nennt er Chinas Geschenke.

Chinas Sportpolitik

Wie Katar, Abu Dhabi oder auch Aserbaidschan den Sport als Instrument der Diplomatie betrachten, dient er China als Vorzimmer der Geopolitik. Beim Tennisturnier in Wimbledon stieg in diesem Jahr der Smartphone-Produzent Oppo als Sponsor ein und ist auch bei den French Open, beim FC Barcelona und im Cricket aktiv. Vivo, ein weiterer Technikkonzern, ist Fifa-Sponsor, wie Wanda. Vor kurzem verkündete das IOC einen milliardenschweren Deal mit Mengniu Dairy, einem Milchproduzenten. Diese Deals verschaffen China glänzende Zugänge in die Sportpolitik. "Wir alle wissen, dass die Chinesen die Fußball-WM austragen wollen", sagt Chadwick. "Wenn sie soweit sind, bekommen sie die auch."

Doch Chinas Pläne gehen über Fußballturniere hinaus. Eine neue Seidenstraße soll entstehen, sie ist mit 900 Milliarden Dollar eines der größten Investitionsprojekte der Welt und Chinas Masterplan. Und immer wieder kreuzt die neue Handelsroute dabei den Sport. Für die neue Seidenstraße ist der ägyptische Suez-Kanal bedeutend. Wohl auch deshalb reiste der Präsident Xi Jinping kurz vor dem Afrika-Cup nach Ägypten, um Kooperationsverträge zu unterzeichnen.

Blickt man auf eine Weltkarte, ergibt das Investment ein schlüssiges Bild: China besitzt den größten Hafen Griechenlands, Piräus. In Kroatien bauen die Chinesen gerade ein neues Stadion für den Fußball-Vizemeister aus Rijeka. Auch am Kauf des Hafens dort sollen sie interessiert sein, sie wollen zudem die Zugstrecke nach Zagreb wiederaufbauen, eine der wichtigsten Verbindungen des Landes. Die würde auf dem Landweg wiederum Zugang bis nach Budapest und damit mitten hinein nach Europa sichern.

Keine europäische Strategie

Es sieht so aus, als ob China sich eine geschlossene Transportkette für die eigenen Güter errichten will. In Italien gab es im März dieses Jahres Spekulationen über ein mögliches Engagement der Chinesen in Triest und Genua. Mittlerweile ist Italien, begleitet von etwas Kritik, der erste große westeuropäische Partner des Projekts. Inter Mailand gehört einem chinesischen Geschäftsmann, der Stadtrivale AC war bis November 2018 in chinesischer Hand.

China ist Europa voraus. Zwar vertritt die Uefa Europas Fußballinteressen. Doch die EU verfolgt keine einheitliche Sportpolitik, schon gar nicht in Afrika: "Die europäische Strategie besteht darin, dass es sie nicht gibt. Ein bisschen Entwicklungshilfe und das war es", sagt Chadwick. "Europas Kolonialmächte kamen nach Afrika, brachten Menschen um und nahmen sich die Bodenschätze. China ist viel geschickter. Sie haben eine Strategie, machen in Afrika, was sie wollen, und keiner stoppt sie."