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Beitrag vom 20.09.2018

FAZ

Die meisten extrem Armen leben in Subsahara-Afrika

Anderswo entrinnen immer mehr Menschen der Armut

wvp. WASHINGTON, 19. September. Extreme Armut konzentriert sich zunehmend auf Afrika. Das ist die zentrale Erkenntnis eines Weltbank-Berichts, der jetzt in Auszügen vorliegt. Nigeria habe inzwischen Indien als Land mit den meisten extrem armen Menschen abgelöst, vermutet die Weltbank.

Afrikas Armutsbilanz trübt die große Erfolgsgeschichte der vergangenen Jahrzehnte und verdüstert die Aussichten, die extreme Armut bis 2030 auszulöschen. Das hatten sich die Vereinten Nationen vorgenommen. Die bisherigen Erfolge bleiben gleichwohl eindrucksvoll: Binnen 25 Jahren sind 1,1 Milliarden Menschen der Armut entronnen. Das bedeutet nach der Definition der Weltbank, dass sie am Tag mehr als 1,90 Dollar (in Kaufkraftparitäten von 2011) verdienen. Für 2015 registriert die Institution 736 Millionen Menschen, die unterhalb der Armutsschwelle liegen. Von den extrem armen Menschen leben mehr als 50 Prozent in Ländern südlich der Sahara. Von den global 27 Ländern mit den höchsten Armutsquoten liegen 26 in Afrika.

Dort haben vor allem die großen Länder Probleme, die Armut zu verringern. Neben Nigeria sind das die Demokratische Republik Kongo und Äthiopien. Ein Faktor ist die Demographie, fast überall außerhalb Afrikas ging der wirtschaftliche Aufstieg mit der Verkleinerung der Familien einher; die Menschen bekamen weniger Kinder. In Bangladesch beispielsweise bekommen die Frauen im Durchschnitt nur noch 2,14 Kinder, vor dreißig Jahren waren es noch knapp fünf. In Kongo dagegen liegt die Fruchtbarkeitsrate immer noch bei 5,91 Geburten je Frau, in Nigeria bei 5,6. Zugleich sterben deutlich weniger Kleinkinder dank medizinischer Fortschritte. Deswegen wächst Afrikas Bevölkerung schneller als der Rest der Welt. In vielen Ländern stagniert das Bevölkerungswachstum sogar, alte Industrienationen schrumpfen.

Die Bill & Melinda Gates Foundation erwartet, dass sich bis 2050 in Kongo und Nigeria knapp die Hälfte aller extrem armen Menschen auf der Welt konzentrieren werden, sollten keine geeigneten Maßnahmen ergriffen werden. Als besonders erfolgreich gelten in diesem Zusammenhang Bildungsprogramme für Frauen.

Mit dem Bevölkerungswachstum verteilen sich die Wohlstandsgewinne rechnerisch auf mehr Köpfe. Wenn die Welt ihr Ziel, die extreme Armut bis 2030 auszulöschen, noch erreichen will, müssten die vierzig ärmsten Länder jeweils ein jährliches Wirtschaftswachstum von 8 Prozent erreichen, rechnet die Weltbank vor. Die Subsahara-Staaten haben ein solch kontinuierliches hohes Wachstum zwischen 2000 und 2015 nicht erreicht.

Die Gefahr besteht sogar, dass die Zahl der extrem Armen, die seit Jahrzehnten zurückgeht, wieder größer wird, warnt die Gates-Stiftung. Eine Auswanderung in reichere Länder sei vermutlich keine Lösung, kommentiert Bill Gates die Ergebnisse. Der Widerstand gegen Zuwanderung wachse. Bis zu einem gewissen Grad müsse jedes Land seine Probleme selbst lösen, sagte Gates. Ein Weltbank-Fachmann stellt zudem lakonisch fest, dass den Ärmsten ohnehin das Geld für die Auswanderung fehle.