Beitrag vom 07.05.2020
FAZ
Bundeswehr-Einsatz in Sahel-Staaten
Regierung beschließt Ausweitung der Mali-Mandate
Lt. BERLIN. Deutsche Soldaten sollen nach dem Willen der Bundesregierung künftig in fünf Staaten südlich der Sahara eingesetzt werden, um dort die fragile Sicherheitslage zu stabilisieren. Das Mandat der europäischen Ausbildungsmission EUTM Mali, in dessen Rahmen die Bundeswehr seit sieben Jahren Soldaten der malischen Armee schult, soll nach einem Kabinettsbeschluss vom Mittwoch auf die Nachbarländer Mauretanien, Niger, Burkina Faso und Tschad ausgeweitet werden. Die fünf Sahel-Staaten hatten vor Jahren schon eine gemeinsame Anti-Terror-Einsatztruppe aufgestellt, um die zunehmenden grenzüberschreitenden Aktionen islamistischer Terrormilizen besser bekämpfen zu können. Die Soldaten dieser Truppe sollen künftig nicht länger nur in Mali, sondern auch in den anderen Ländern von Ausbildern der Bundeswehr unterstützt und beraten werden.
Nach wie vor sollen deutsche Soldaten jedoch nicht an Kampfeinsätzen der Streitkräfte der Sahel-Staaten teilnehmen dürfen. Das Mandat wird jetzt mit der Wendung beschrieben, es gehe darum, „die operative Einsatzfähigkeit“ der betreffenden nationalen Streitkräfte zu erreichen, „durch „militärische Beratung und Ausbildung, einschließlich einsatzvorbereitender Ausbildung, sowie durch Begleitung ohne Exekutivbefugnisse bis zur taktischen Ebene“. Diese Leistungen deutscher Militärberater sollten „in gesicherten Orten“ in den fünf Ländern stattfinden, also in Kasernen und Feldlagern.
Zur Einschätzung der Sicherheitslage heißt es in der Begründung des aktuellen Mandatsentwurfs, die Situation in Mali werde zum einen von dem „andauernden separatistisch motivierten Konflikt um Tuareg-Gruppierungen im Norden“, zum anderen von „den zunehmenden sozial und ethnisch aufgeladenen Auseinandersetzungen im Zentrum“ bestimmt, die vor allem vom Zugang zu Ressourcen bestimmt seien.
Die Sicherheitslage verschärfe sich „durch Überfälle bewaffneter Banden und terroristische Aktivitäten“, dabei „sind die Übergänge zwischen Terrorismus, Milizen und organisierter Kriminalität oft fließend“. Regionale islamistische Terrorgruppen hätten Mali „zu einem zentralen Aktionsfeld im Sahel gemacht“. Erst am Samstag wurde im Norden Malis der Präfekt der Region Gourma-Rharous von Bewaffneten entführt. In der Region um die Wüstenstadt Timbuktu war vor der Parlamentswahl Ende März auch Oppositionsführer Soumaïla Cissé verschleppt worden.
Die Obergrenze des deutschen Personals von EUTM Mali soll von 350 auf 450 Soldaten erhöht werden; die Kosten werden für das kommende Einsatzjahr, das bis Ende Mai 2021 läuft, mit knapp 90 Millionen Euro angegeben.
Die Ausdehnung der europäischen Sahel-Mission und des Anteils der Bundeswehr daran läuft parallel mit Bestrebungen des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen, mit neuen Ansätzen die Stabilität in der Krisenregion zu stärken. Künftig sollen vermehrt an bestimmten Orten die einzelnen Elemente eines funktionierenden Gemeinwesens – von der Nahrungsmittelhilfe über Gesundheitsversorgung bis hin zu Verwaltungsfunktionen – gebündelt und durch Polizei und Militär gesichert werden. Auf diese Weise soll die Bevölkerung neues Vertrauen in die jeweiligen staatlichen Akteure gewinnen und dadurch in die Lage versetzt werden, selbst wieder durch wirtschaftliche Aktivitäten und sozialen Zusammenhalt die Stabilität der jeweiligen Region zu erhöhen.
Das Bundeskabinett beschloss am Mittwoch gleichzeitig, die deutsche Beteiligung an der UN-Mission Minusma in Mali fortzuführen, in deren Rahmen deutsche Aufklärungstruppen in Gao im Norden Malis aktiv sind und Soldaten der Luftwaffe in der Hauptstadt Nigers, Niamey, einen Lufttransportstützpunkt betreiben. Hier bleibt es bei einer Obergrenze von 1100 Soldaten. Der Bundestag muss der Verlängerung der Mandate in den nächsten Wochen zustimmen. Die Linken-Abgeordnete Christine Buchholz nannte die Ausweitung des EUTM-Mandats „unverantwortlich“. Sie warf der Bundesregierung vor, sie lasse „die deutschen Soldatinnen und Soldaten in einen Krieg hineinschlittern, der nicht gewonnen werden kann“.