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Beitrag vom 05.12.2022

NZZ

Glencore einigt sich mit Kongo-Kinshasa wegen Korruptionsvorwürfen: 180 Millionen Dollar für einen Schlussstrich

Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore muss bereits mehr als 1,5 Milliarden Dollar an Bussen an Behörden in den USA, Brasilien und Grossbritannien zahlen. Es kommt eine Zahlung an Kongo-Kinshasa hinzu. Glencore hofft, damit seine Vergangenheit hinter sich zu lassen.

Gerald Hosp

Der Schweizer Rohstoffkonzern Glencore macht den Frühjahrsputz schon zur kommenden Winterszeit. Einen Tag vor dem Investorentag teilt das in Baar beheimatete Unternehmen mit, dass es mit Kongo-Kinshasa eine Einigung erzielt habe. Mit einer Zahlung von 180 Millionen Dollar entledigt sich der Konzern aller weiteren Ansprüche des afrikanischen Staates, die im Zusammenhang mit Korruptionsfällen in den Jahren von 2007 bis 2018 anfallen könnten. Dies betrifft Untersuchungen, die unter anderem vom amerikanischen Justizministerium und von Behörden von Kongo-Kinshasa durchgeführt wurden.

Im Mai ist Glencore bereits mit den USA, dem Vereinigten Königreich und Brasilien zu einem Vergleich gekommen. Das Unternehmen wurde insgesamt mit Bussen von mehr als 1,5 Milliarden Dollar belegt. Es bekannte sich schuldig, Schmiergelder bezahlt zu haben, und musste zwei vom amerikanischen Justizministerium geforderte «Aufpasser» für drei Jahre akzeptieren, die die Arbeitsabläufe und Compliance-Vorkehrungen des Rohstoffkonzerns unter die Lupe nehmen. Die Korruptionsfälle, die in den bisherigen Dokumenten auftauchten, drehten sich vor allem um den Erdölhandel, Kongo-Kinshasa wurde nur wenig erwähnt.
Der umtriebige Dan Gertler

Dort handelt Glencore nicht nur mit Rohwaren, sondern betreibt auch Kupfer- und Kobaltminen, die im Mittelpunkt des Interesses der Behörden standen. Dadurch rückte unter anderem die Verbindung zum israelischen Geschäftsmann und Vermittler Dan Gertler in den Fokus, der von den USA wegen vermuteter korrupter Geschäfte in Kongo-Kinshasa mit Sanktionen belegt worden war. Gertler, der ein Freund des früheren kongolesischen Präsidenten Joseph Kabila sein soll, wurden von Washington Korruption und dunkle Geschäfte vorgeworfen. Der Israeli war ein langjähriger Geschäftspartner Glencores in dem afrikanischen Land.

Die kongolesische Regierung unter Präsident Félix Tshisekedi traf mit Gertler vor einiger Zeit eine Einigung. Das Land kaufte dem Geschäftsmann unter anderem Lizenzen für Erdölfelder und Goldminen ab. Die Lizenzen dürften aber insgesamt mehr wert sein als die Kaufsumme. Gertler erhofft sich wohl davon, dass Kongo-Kinshasa ihm dabei hilft, dass Washington die Sanktionen wieder aufhebt. «Wir haben nach einer legalen Lösung gesucht», so rechtfertigte Vidiye Tshimanga, ein Berater des kongolesischen Präsidenten, das Vorgehen im Gespräch. «Wir sind keine Freunde von Gertler», fügte er an. Die Einigung zwischen der kongolesischen Regierung und Gertler betraf jedoch nicht die Geschäftsaktivitäten mit Glencore.
Offenes Verfahren in der Schweiz

In den Niederlanden und in der Schweiz gibt es noch offene Verfahren. Vor rund zwei Jahren hat die Bundesanwaltschaft ein Verfahren gegen Glencore wegen Korruptionsvorwürfen in Kongo-Kinshasa eröffnet. Zum Stand der Untersuchung wollte die Bundesanwaltschaft vor kurzem keine Angaben machen. Die Einigung mit Kongo-Kinshasa könnte Einfluss auf das Verfahren haben.