Beitrag vom 15.10.2008
E+Z Oktober-Ausgabe
Bonner Aufruf zu "weniger Staat"
Entwicklungszusammenarbeit sollte mehr zur Aufgabe zivilgesellschaftlicher Gruppen werden. Das fordern die Initiatoren des Bonner Aufrufs "Eine andere Entwicklungspolitik". Auf das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) und staatliche Großorganisationen könne verzichtet werden. Die Initiatoren des Bonner Aufrufs forderten im Vorfeld des Gipfels in Accra zur Wirksamkeit der EntÂwickÂlungsÂzusammenÂarbeit (EZ) eine Radikalreform. Das BMZ und seine größten Durchführungsorganisationen - Deutsche Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ) und Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) - seien nicht reformfähig und müssten daher abgeschafft werden. So begründeten Rupert Neudeck, Gründer von Cap Anamur und den Grünhelmen, der ehemalige entwickÂlungsÂpolitische Sprecher der CDU Winfried Pinger sowie der langjährige Botschafter Volker Seitz und der Journalist Kurt Gerhardt ihren Aufruf Anfang September in Bonn. Dem selbsternannten "Kreis von Individualisten" gehören namhafte Journalisten und Politiker an. Laut Neudeck hat das System der staatlichen Hilfe in den vergangenen 50 Jahren in Afrika versagt. Die Gleichung "Mehr Geld gleich mehr EntwickÂlung" sei nicht aufgegangen, werde aber weiter befolgt.
Die Reaktionen ließen nicht auf sich warten: Das BMZ nannte das Papier eine "Enttäuschung". Die staatlichen Organisationen GTZ, Deutscher Entwicklungsdienst (DED) und InWEnt erklärten, ihre Arbeit gehe seit langem von dem Prinzip aus, dass es die ökonomischen, politischen und sozialen Bedingungen in den Ländern selbst sind, die Erfolg möglich machen oder vereiteln. Dirk Messner vom Deutschen Institut für Entwicklungspolitik bezeichnete es als befremdlich, dass der "Bonner Aufruf" Thesen unterstütze, über die im Kontext von Geberharmonisierung längst internationaler Konsens bestehe, daraus aber nur unsinnige innerdeutsche Konsequenzen ableite. (shs)