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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 13.11.2008

Streit um Neuausrichtung der Entwicklungshilfe geht weiter

Berlin (KNA) Der Streit um eine Neuausrichtung der Entwicklungshilfe geht weiter. Der Entwicklungsexperte Franz Nuscheler wandte sich am Donnerstag auf einer Diskussionsveranstaltung in Berlin gegen eine «pauschale Bankrotterklärung» der Entwicklungspolitik. Er teile zwar
viele Kritikpunkt der Bonner Erklärung, aber nicht die Pauschalisierung. «Verärgert» zeigte er sich auch über die Handlungsempfehlungen. Experten, darunter der Cap-Anamur-Gründer und
«Grünhelme»-Vorsitzende Rupert Neudeck, hatten in dem Aufruf einen radikalen Umbau der Entwicklungshilfe gefordert. Neudeck beklagte, dass die Hilfe von außen die Eigeninitiative
zerstöre. Er verlangte, Hilfe nur den Ländern zugutekommen zu lassen, die diese auch zu nutzen verstünden. Zugleich lobte er die «hervorragende Arbeit der christlichen Werke und Gemeinden», da sie verantwortliche Partner vor Ort hätten.
Auch Nuscheler stimmte mit der Bewertung überein, dass die bisherige Entwicklungspolitik zu einer «Veräußerung der Eigenverantwortung» geführt habe. Die «schlimmste Hypothek» der bisherigen Ansätze sei es, dass eigene Fähigkeiten in den Empfängerländern verschüttet
worden seien. Nuscheler wandte sich auch gegen eine Verdoppelung der Afrikahilfe. Diese «Überhilfe» sei leichtfertig und unverantwortlich, wenn nicht klar sei, was mit dem Geld geschehe. Als weiteren Kritikpunkt nannte er eine langjährige Vernachlässigung der Kleinbauern in Entwicklungsländern und eine diskriminierende Handelspolitik.
Der Kameruner Wirtschaftsethiker Tumenta F. Kennedy sprach sich für eine Entwicklungshilfe als Dienstleistung und Angebot aus. Nur so sei eine Zusammenarbeit auf gleicher Augenhöhe möglich. Der Geschäftsführer des Deutschen Entwicklungsdienstes (DED), Jürgen Wilhelm, räumte Fehler und Probleme bei der Entwicklungshilfe ein. Er warf dem Bonner Aufruf aber Einseitigkeit vor. Es gehe nicht ohne die Staaten, denn «Nichtregierungsorganisationen bauen weder Straßen noch Häfen».
Der ehemalige Entwicklungspolitische Sprecher der CDU/CSU und Mitinitiator des Bonner Aufrufs, Winfried Pinger, wies den Vorwurf zurück, die Staaten sollten außen vor gelassen werden. Sie müssten im Gegenteil gestärkt werden; allerdings könnten sie nur Rahmenbedingungen schaffen. Die Entwicklung müsse von unten kommen.
Martin Wilde, ein ehemaliger Mitarbeiter der Konrad-Adenauer-Stiftung und ebenfalls Mitunterzeichner des Aufrufs, sagte, schlechte Regierungsführung könnten nur Afrikaner selbst
beheben. Deshalb sei eine Akzentverschiebung von staatlichen zu zivilen Kräften nötig. Dass 90 Prozent der Hilfe an den Staat gehe, sei ein Relikt des Kalten Krieges und müsse sich ändern.
chs/csc/