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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 25.06.2009

Die Weltwoche
(Auszüge)

Betroffenheit für Afrika
Der Bundesrat torpedierte kürzlich den Ausbau der Entwicklungshilfe. Zu Recht.
Eine Grundsatzdebatte ist überfällig.
Von Carmen Gasser

... Bis heute galt: Die Reichen müssen den Armen helfen. Mit Geld. Betroffenheitskult ist zum
moralischen Vademecum geworden. Ergebnisse der Entwicklungshilfe zu hinterfragen, gilt als asozial. Doch immer mehr führende Ökonomen und Wissenschaftler plädieren für ein radikales Umdenken. Die Zahlen sprechen für sich: Heute ist die wirtschaftliche Situation in Afrika nach fünfzig Jahren Entwicklungshilfe schlechter als 1960. Zwischen 1970 und 1998 erhöhte sich der Anteil der Armen von 11 auf 66 Prozent. Und dies, obwohl seit 1960 die Summe von sechs Marshallplänen nach Afrika gepumpt wurde, wie der in Washington lehrende ghanaische Wirtschaftswissenschaftler George Ayittey ausgerechnet hat. Sein Fazit: «Afrika wird immer ärmer, trotz oder vielleicht sogar wegen der rund 40 000 Organisationen, die derzeit für die Entwicklungshilfe dort tätig sind.»
Balsam fürs soziale Gewissen
William Easterly, lange Jahre der führende Weltbank-Ökonom und Wirtschaftsprofessor der New York University, wird sogar noch deutlicher. Er nennt die Uno-Forderungen von 0,7 Prozent politisches Theater, einen Geniestreich, der geholfen hat, das Budget und den Einfluss der Uno zu erhöhen. So wie diese seien die rund 40 000 Organisationen in Afrika vor Ort zumeist damit beschäftigt, ihre eigene Daseinsberechtigung zu manifestieren. «Gute Taten sind nicht nur Balsam fürs soziale Gewissen, sondern auch Mittel, um das eigene Image aufzupolieren», so Easterly.
Diverse afrikanische Ökonomen und Journalisten gehen sogar noch weiter. Sie plädieren dafür, die Entwicklungshilfe komplett abzuschaffen. Darunter der kenianische Ökonom James Shikwati und seine sambische Kollegin Dambisa Moyo. Letztere erklärte kürzlich im Interview mit der Weltwoche (Nr. 24/2009), dass Afrika gerade wegen der Entwicklungshilfe noch immer so arm sei. «Sie macht faul, unterstützt korrupte Diktaturen und nimmt jeglichen Anreiz, wirtschaftliche Strukturen aufzubauen.» Das Geld fliesse ja ohnehin.
Schlussfolgerung: Es gilt auch in der Schweiz eine Diskussion zu lancieren über Sinn und Unsinn der Entwicklungshilfe. Insofern war die Absage des Bundesrats zu einer Erhöhung der Entwicklungshilfe folgerichtig.
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