Beitrag vom 02.03.2012
Handelsblatt
Steckt Afrika in der Armuts-Falle?
von Norbert Häring
Große Teile Afrikas sind abhängig von Entwicklungshilfe und Rohstoffen. Darauf lässt sich kein Industrieland aufbauen. Doch es gibt alternative Strategien zum Erfolg - wenn die Weltgemeinschaft mitspielt.
Wenn man an Afrika südlich der Sahara denkt, so kommen einem vor allem Armut, Unterentwicklung und Hungersnöte in den Sinn. In vielen Ländern kann das langfristige Wirtschaftswachstum kaum mit dem Bevölkerungswachstum mithalten. Auch milliardenschwere Entwicklungshilfe ändert das nicht. Wenn die Wirtschaftspolitik der Regierungen nicht auf Entwicklung ausgerichtet ist, kuriert die bestgemeinte Hilfe nur an Symptomen.
Doch Länder wie Taiwan oder Südkorea, das noch 1970 auf dem Einkommensniveau von Tansania lag, zeigen, dass rasante Entwicklung auch für sehr arme Länder möglich ist: Nötig ist eine gezielte Industrialisierung, um einerseits Vorteile der Massenproduktion und der Arbeitsteilung zu realisieren, andererseits unabhängiger zu werden von einseitiger Rohstoffproduktion, bei der die Konkurrenz groß ist und die Preise stark schwanken.
Was Afrika sicherlich nicht aus der Armut holen wird, sind die vielen karitativen Initiativen auf lokaler Ebene. Sie können zwar, wenn sie sich nicht als kurzlebiger Aktivismus entpuppen, Einzelnen oder einzelnen Dörfern helfen. Aber wenn es an Elektrizität und Straßenanschlüssen fehlt, werden sie die Bevölkerungstragfähigkeit des Landes kaum erhöhen und so das Elend nur verschieben.
Der Chefvolkswirt der Weltbank Justin Lin, ein Chinese, hat konkrete Anleitungen für Nigeria und andere Länder verfasst, wie diese geeignete Branchen identifizieren und fördern können. Ohne solche Staatshilfe geht kaum etwas. Denn gegen die Unternehmen der Industrieländer kann ein industrielles Pionierunternehmen unter den unsäglichen Bedingungen, wie sie in Afrika zumeist herrschen, am freien Markt unmöglich bestehen.
Doch dieser Hilfe sind Grenzen gesetzt. Die heutigen Regeln des Weltwirtschaftssystems erlauben nämlich Entwicklungsstrategien nicht mehr, die auf Zollschutz und Subventionen für heimische Industrie, auf regionale Handelsintegration vor globaler Integration sowie auf Kreditlenkung zugunsten der eigenen Industrie setzen.
Es waren solche Strategien, die Japan, Korea, Taiwan und nicht zuletzt China groß machten. Zwar profitiert Afrika derzeit davon, dass China und der Westen um seine Rohstoffe buhlen. Nachhaltige Entwicklung wird das aber kaum bringen, weil auch China nur an Afrikas Land und Afrikas Rohstoffen interessiert ist. Es sieht wirklich nicht gut aus für Afrika.
Für Anregungen ist der Autor erreichbar unter: haering@handelsblatt.com