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Beitrag vom 01.11.2019

FAZ

Botswana

Schwächelndes Vorbild

Mokgweetsi Masisi bleibt der Präsident von Botswana. Doch ihm stehen schwierige Zeiten bevor: Das Land, das als Hort der Stabilität galt, ringt mit Rückschlägen. Von Thilo Thielke, Kapstadt

Er fühle sich „demütig und geehrt“, schrieb Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisi auf Twitter, „gesegnet und privilegiert“. Nun verspreche er, seinem Land die nächsten fünf Jahre „mit Integrität, Leidenschaft, Bescheidenheit und Ehrlichkeit zu dienen“. Kurz zuvor hatte Botswanas oberster Richter Terrence Rannowane im Fernsehen die vorläufigen Ergebnisse der Parlamentswahl vom vergangenen Mittwoch bekanntgegeben – demnach hatte Masisis Partei, die Botswana Democratic Party (BDP), einen klaren Sieg errungen.

Sie wird offenbar mindestens 36 von 57 Sitze im Parlament bekommen. Die oppositionelle Botswana Patriotic Front kam demnach nur auf drei Sitze, das Bündnis Umbrella for Democratic Change (UDC) auf 15 Mandate. Damit bleibt der 58 Jahre alten Masisi, der den Staat im südlichen Afrika seit 2018 regiert, im Amt. Masisis BDP ist seit der Unabhängigkeit von der britischen Krone im Jahr 1966 ununterbrochen an der Regierung. Dennoch war diesmal nicht mit einem klaren Wahlsieg gerechnet worden. Ein offen ausgetragener Streit zwischen Masisi und seinem Vorgänger Ian Khama hatte vor der Wahl für Unruhe in dem Staat mit 2,2 Millionen Einwohnern gesorgt.

Zuletzt hatte sich Khama der Opposition angeschlossen und seinen langjährigen Erzrivalen Duma Boko vom UDC unterstützt. Bei Kundgebungen in seiner Heimatstadt Serowe sagte der Politiker: „Die Partei des Gründervaters der Republik ist nicht mehr. Sie ist tot.“ Seinen Nachfolger nannte er „intolerant und autoritär“.

Der 66 Jahre alte Ian Khama, ein ehemaliger General, regierte Botswana von 2008 bis 2018, dann übergab er die Macht an seinen Nachfolger Masisi. Gemäß der Verfassung stehen Präsidenten in Botswana zwei Amtszeiten zu. Khama entstammt einem alten Häuptlingsgeschlecht. Sein Vater Seretse Khama gründete 1961 im damaligen Betschuanaland die BDP und führte das Land als dessen erster Präsident 1966 in die Unabhängigkeit. Schon Seretses Vorfahren waren traditionelle Herrscher in der Gegend gewesen.

Jahrelang galt Botswana als Hort der Stabilität in Subsahara-Afrika. Auf dem Korruptionsindex von Transparency International liegt es auf dem für afrikanische Länder hervorragenden 34. Platz von 180 untersuchten Staaten. Mit knapp 8000 Dollar pro Jahr ist das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf höher als das von Staaten wie Thailand, Kolumbien oder Südafrika. Zugute kommen Botswana die gewaltigen Edelsteinvorkommen. Das Land gilt als zweitgrößter Diamantenförderer der Welt; um die Ausbeutung kümmert sich ein Joint Venture der Regierung von Botswana und der südafrikanischen Firma De Beers. Zudem locken Attraktionen wie das Okawango-Delta viele Touristen in das Land.

Während Ian Khamas Regierungszeit begann der gute Ruf Botswanas allerdings zu bröckeln. Khama bedrohte und suspendierte Richter, griff die Presse an und ließ unliebsame Journalisten vom Geheimdienst verhaften. Diese hatten zuvor über Korruptionsvorwürfe im Zusammenhang mit dem Kauf von Eisenbahnwaggons im Wert von umgerechnet rund drei Millionen Euro berichtet. In einer Abrechnung mit dem ehemaligen Präsidenten schreibt der Investigativreporter Joel Konopo, unter Khama habe „die Zahl der außergerichtlichen Morde und Folterungen deutlich zugenommen“. Zu seinem Vergnügen soll sich der Präsident zudem auf Kosten der Steuerzahler einen 200000 Dollar teuren Wohnwagen zugelegt haben.

Was genau zum Bruch zwischen Ian Khama und seinem Nachfolger geführt hat, ist unklar. Mal ging es darum, wer das Präsidentenflugzeug benutzen darf. Dann echauffierte sich Khama darüber, dass Masisi zu viel auf Reisen sei. Den Unmut Khamas erregte, dass Masisi die Alkoholsteuer von 55 auf 45 Prozent senken ließ. Was ihn aber am meisten erzürnte: Masisi erlaubte die zuvor von Khama untersagte Jagd auf Elefanten wieder.

In Botswana soll es rund 130000 Elefanten geben – von insgesamt 350000 Tieren, die in Afrika noch in Freiheit leben. Kritiker halten diese Zahl an Elefanten für viel zu hoch. Ein einzelner Elefant konsumiere täglich rund 140 Liter Wasser und 150 Kilogramm Gras und Sträucher. Immer wieder komme es auch zu Konflikten zwischen Mensch und Tier. Befürworter der abermaligen Jagderlaubnis bringen außerdem ein finanzielles Argument vor: Zwar könne dadurch die Zahl der Elefanten nicht maßgeblich reduziert werden, doch Botswana könne damit Geld verdienen, das das Land bitter nötig habe. Bei der Bevölkerung stieß Masisi mit seinem Vorstoß deshalb auch auf Verständnis; Tierschutzorganisationen hingegen kritisieren die Elefantenjagd heftig.

Zum Zwist zwischen dem Präsidenten und seinem Vorgänger gesellen sich in letzter Zeit zunehmend schlechtere Wirtschaftsprognosen. So soll das Bruttoinlandsprodukt in diesem Jahr weniger wachsen; die Arbeitslosigkeit in Botswana liegt bei mehr als 20 Prozent. Und auch das Geschäft mit den Diamanten schwächelt. Grund ist die zunehmende Konkurrenz durch künstlich hergestellte Steine. Allein im letzten Quartal sank der Absatz um 16 Prozent.