Beitrag vom 15.03.2021
NAD Netzwerk Afrika Deutschland
Jüdische Migration nach Afrika
Mehrmals ist das jüdische Volk im Laufe seiner langen, schmerzlichen Geschichte in die ganze Welt
zerstreut worden, das letzte Mal infolge der Shoa. Einige jüdische Migranten fanden den Weg nach
Afrika. Hier ein Überblick
KLEINE GESCHICHTE DER JUDEN IN AFRIKA
? Die älteste jüdische Gemeinde, die Beta Israel in Äthiopien, beansprucht, Nachkommen der
„verlorenen Stämme Israels“ und im Besitz der Bundeslade zu sein. Viele emigrierten nach Israel.
? Durch die Verfolgung der Juden in Spanien im 15. Jht. flohen viele nach Nordafrika.
? In mehreren Ethnien in Afrika gibt es Traditionen und Gebräuche, die einen jüdischen Einfluss
vermuten lassen. Manche glauben, einen semitischen Ursprung zu haben.
? Die Nazis hatten kurzfristig einen Plan, vier Millionen Juden nach Madagaskar zu deportieren.
Viele flohen nach der Machtübernahme der Nazis und nach dem Horror der Shoah aus Deutschland.
Manche von ihnen kamen nach Afrika.
ZUFLUCHT GEFUNDEN IN MAURITIUS
Ein bewegendes Buch beschreibt die Odyssee jüdischer Flüchtlinge, bis sie schließlich auf der Insel Mauritius Zuflucht fanden.
Die wahrscheinlich letzten Juden, die dem Einzugsgebiet der Nazis entkamen, fuhren 1940 auf vier Ausflugsschiffen die Donau hinunter bis zum Schwarzen Meer. Sie waren eng zusammengepfercht und mussten mit sehr wenig Essen auskommen – insgesamt 6000 Flüchtlinge aus Deutschland, Österreich und der Tschechoslowakei. Da kein Land sie aufnehmen wollte, war ihre einzige Möglichkeit die
illegale Einwanderung nach Palästina. Die dortige englische Besatzungsmacht wollte an den
Flüchtlingen ein Exempel statuieren, um weitere illegale Einwanderer abzuschrecken und bat
Mauritius, die Flüchtlinge aufzunehmen. Ein alter Truppentransporter sollte sie nach Mauritius
deportieren, sank aber mit 260 Migranten an Bord. 1580 weitere jüdische Flüchtlinge wurden daraufhin mit zwei Booten nach Mauritius geschickt.
Im Dezember 1940 trafen die Flüchtlinge auf der Insel ein und wurden bis Kriegsende im Gefängnis von Beau Bassin interniert. Auf Bitten Churchills wurde ihre Internierung so human wie möglich gestaltet. Als Erstes bauten sie nach ihrer Ankunft zwei Synagogen. Zunächst lebten Frauen und Männer in zwei getrennten Lagern. Durch eine Intervention des britischen Parlaments wurde ein Familienleben wieder ermöglicht. Die sanitären Einrichtungen im Camp waren gut, und es gab ein Lagerkrankenhaus. Dort arbeiteten auch Ärzte und Pfleger, die selbst Flüchtlinge waren. Es wurde auch ein jüdischer Friedhof eingerichtet.
Später wurde ihnen Land zugewiesen, wo sie sich mit dem Verkauf der produzierten Waren Geld verdienen konnten. Man gestattete ihnen, in Werkstätten Schuster- und andere Arbeiten durchzuführen. Viele fanden Beschäftigung in der Industrie. Andere arbeiteten in Werkstätten für die britische Armee. Aus dem Erlös konnten sich die Flüchtlinge nicht nur zusätzliche Dinge des täglichen Bedarfs kaufen, sondern es war auch eine gute Möglichkeit, die Zeit nützlich zu verbringen und sich Fähigkeiten anzueignen.
Im Juni 1945 wurden sie befreit, und am 12. August machten sich 1300 Flüchtlinge mit dem Schiff
»Franconia« auf den Weg nach Haifa. Nur wenige wollten zurück in ihre alten Heimatländer.
Wer heute einen Blick auf das freie und demokratische Leben auf Mauritius wirft, dem fällt auf, dass Angehörige aller möglichen Religionen und ethnischen Abstammungen friedlich zusammenleben
und die Zukunft gemeinsam gestalten.
An die Zeit der Flüchtlinge erinnert bis heute ein jüdischer Friedhof in Saint Martin mit 126 Gräbern. Daneben wurde 2014 ein Museum eröffnet. Und seit zehn Jahren gibt es auf Mauritius sogar wieder eine Synagoge – für die kleine jüdische Gemeinde mit ihren rund 40 Mitgliedern.
ANDERE JÜDISCHE GEMEINSCHAFTEN IN AFRIKA
Von den alteingesessenen jüdischen Gemeinden in Marokko, Tunesien und den spanischen Städten
Ceuta und Melilla sowie der starken jüdischen Gemeinde in Djerba, Tunesien, sind nur noch Reste
verblieben. Heute gibt es größere jüdische Gemeinschaften in:
• Südafrika ca. 72.000
• Marokko 5.700; Tunesien 1.500
• Ghana 800
• Simbabwe und Uganda 750
• Kenia 400
• Ägypten, Äthiopien, Algerien, Botswana, DR Kongo, Madagaskar, Nigeria je etwa 100
Mauritius hat sich durch die sehr humane Behandlung dieser Menschen einen Ehrenplatz in den Geschichtsbüchern verdient.