Die Redebeiträge zeigen erneut, dass jegliche Anzeichen einer kritischen Standortbestimmung in der Entwicklungspolitik ausbleiben. Die Beiträge der meisten Parteienvertreter waren aus meiner Sicht weitestgehend von Gemeinplätzen, Widersprüchen, ja Hilflosigkeit geprägt. Vertreter fast aller Parteien sahen einerseits das Heil zur Erreichung der Millenniumsziele in der Erhöhung der Entwicklungshilfe, andererseits wurden Zweifel geäußert, ob mit mehr Geld allein soziale und wirtschaftliche Probleme des Südens zu überwinden sind. Parteiübergreifend war man sich zudem einig, dass die falsche Verteilung der Mittel und die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise u. a. für die negative Bilanz verantwortlich seien. Einmütig war man der Ansicht, dass das Hauptmillenniumsziel, bis 2015 die Zahl der in absoluter Armut lebenden Menschen zu halbieren, nicht annähernd zu erreichen ist.
Nicht nur die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, plant daher, die Weltbank mit 100 Millionen Euro zu stützen, um die Ernährungskrise abzufedern. Dass gerade die Weltbank mit ihren Großprojekten und unsäglichen wirtschafts- und sozialpolitischen Auflagen den Empfängerländern keine Chance gibt, eine nachhaltige, auf Kleinbauern zugeschnittene Agrarwirtschaft zu halten bzw. zu entwickeln (Weltagrarbericht vom 4.12.08), wird verschwiegen. Die Ministerin kritisiert die für die Entwicklungsländer katastrophal wirkenden Agrarexporte aus der EU und macht Brüssel dafür verantwortlich, nimmt aber in Kauf, dass ihre Kabinettskollegin, die Agrarministerin Ilse Aigner, für die Wiedereinführung von Agrarsubventionen für Milchprodukte stimmt. Wie alle anderen Redner der Debatte plädiert Frau Wieczorek-Zeul für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe auf die "altbekannte†Marke von 0,7 % des BNP bis 2015, um der Welternährungskrise beizukommen. Darüber hinaus fordert sie - zusammen mit der Bundeskanzlerin - eine neue Institution des Global Governance, nämlich einen UN-Weltwirtschaftsrat für wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung!
Thilo Hoppe, MdB der Grünen, prangert in einem Interview des "Parlaments†(2.2.09) die sträfliche Vernachlässigung der Landwirtschaft im Zuge der EZ an. In diese Kritik schließt er ausdrücklich die Entwicklungsländer mit ein und schimpft an anderer Stelle des Interviews auf "unsâ€, weil wir die Landwirtschaft im Süden durch hoch subventionierte Agrarexporte aus der EU kaputt machten. Um den Hunger zu beseitigen, plädiert Thilo Hoppe für ein weltweites Konjunkturprogramm in Höhe von 40 bis 45 Milliarden Euro pro Jahr!
Die Interessenlage der CDU bringt Christian Ruck mit folgendem Beitrag auf dem Punkt: "Der Haushalt des BMZ ist mittlerweile der zweitgrößte Investitionshaushalt der Bundesrepublik. Von ihm hängen allein in Deutschland zwischen 200 000 und 300 000 Arbeitsplätze ab.†Sinngemäß weiter: Die Weltbank ist bei ihren Sofortmaßnahmen zu unterstützen. Dann im Wortlaut: "Die deutschen Unternehmen bekommen seit vielen Jahren die mit Abstand meisten Aufträge aus den Programmen der Weltbank, Aufträge in einem Volumen, das größer ist als der Betrag, den wir einzahlen. Deswegen habe ich davon gesprochen, dass es an Dummheit grenzt, die Zahlungen zurückzufahren.†- Deutlicher und offener kann man nicht den Begriff der staatlichen Entwicklungshilfe definieren, so meine Schlussfolgerung.
Nicht zuletzt im Licht dieser aktuellen Parlamentsdebatte kommt dem "Bonner Aufruf" m. E. eine besondere Bedeutung zu.
Tue, 10 Feb 2009 - 00:18
Die Redebeiträge zeigen erneut, dass jegliche Anzeichen einer kritischen Standortbestimmung in der Entwicklungspolitik ausbleiben. Die Beiträge der meisten Parteienvertreter waren aus meiner Sicht weitestgehend von Gemeinplätzen, Widersprüchen, ja Hilflosigkeit geprägt. Vertreter fast aller Parteien sahen einerseits das Heil zur Erreichung der Millenniumsziele in der Erhöhung der Entwicklungshilfe, andererseits wurden Zweifel geäußert, ob mit mehr Geld allein soziale und wirtschaftliche Probleme des Südens zu überwinden sind. Parteiübergreifend war man sich zudem einig, dass die falsche Verteilung der Mittel und die aktuelle Wirtschafts- und Finanzkrise u. a. für die negative Bilanz verantwortlich seien. Einmütig war man der Ansicht, dass das Hauptmillenniumsziel, bis 2015 die Zahl der in absoluter Armut lebenden Menschen zu halbieren, nicht annähernd zu erreichen ist.
Nicht nur die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit, Heidemarie Wieczorek-Zeul, plant daher, die Weltbank mit 100 Millionen Euro zu stützen, um die Ernährungskrise abzufedern. Dass gerade die Weltbank mit ihren Großprojekten und unsäglichen wirtschafts- und sozialpolitischen Auflagen den Empfängerländern keine Chance gibt, eine nachhaltige, auf Kleinbauern zugeschnittene Agrarwirtschaft zu halten bzw. zu entwickeln (Weltagrarbericht vom 4.12.08), wird verschwiegen. Die Ministerin kritisiert die für die Entwicklungsländer katastrophal wirkenden Agrarexporte aus der EU und macht Brüssel dafür verantwortlich, nimmt aber in Kauf, dass ihre Kabinettskollegin, die Agrarministerin Ilse Aigner, für die Wiedereinführung von Agrarsubventionen für Milchprodukte stimmt. Wie alle anderen Redner der Debatte plädiert Frau Wieczorek-Zeul für eine Erhöhung der Entwicklungshilfe auf die "altbekannte†Marke von 0,7 % des BNP bis 2015, um der Welternährungskrise beizukommen. Darüber hinaus fordert sie - zusammen mit der Bundeskanzlerin - eine neue Institution des Global Governance, nämlich einen UN-Weltwirtschaftsrat für wirtschaftliche, soziale und ökologische Entwicklung!
Thilo Hoppe, MdB der Grünen, prangert in einem Interview des "Parlaments†(2.2.09) die sträfliche Vernachlässigung der Landwirtschaft im Zuge der EZ an. In diese Kritik schließt er ausdrücklich die Entwicklungsländer mit ein und schimpft an anderer Stelle des Interviews auf "unsâ€, weil wir die Landwirtschaft im Süden durch hoch subventionierte Agrarexporte aus der EU kaputt machten. Um den Hunger zu beseitigen, plädiert Thilo Hoppe für ein weltweites Konjunkturprogramm in Höhe von 40 bis 45 Milliarden Euro pro Jahr!
Die Interessenlage der CDU bringt Christian Ruck mit folgendem Beitrag auf dem Punkt: "Der Haushalt des BMZ ist mittlerweile der zweitgrößte Investitionshaushalt der Bundesrepublik. Von ihm hängen allein in Deutschland zwischen 200 000 und 300 000 Arbeitsplätze ab.†Sinngemäß weiter: Die Weltbank ist bei ihren Sofortmaßnahmen zu unterstützen. Dann im Wortlaut: "Die deutschen Unternehmen bekommen seit vielen Jahren die mit Abstand meisten Aufträge aus den Programmen der Weltbank, Aufträge in einem Volumen, das größer ist als der Betrag, den wir einzahlen. Deswegen habe ich davon gesprochen, dass es an Dummheit grenzt, die Zahlungen zurückzufahren.†- Deutlicher und offener kann man nicht den Begriff der staatlichen Entwicklungshilfe definieren, so meine Schlussfolgerung.
Nicht zuletzt im Licht dieser aktuellen Parlamentsdebatte kommt dem "Bonner Aufruf" m. E. eine besondere Bedeutung zu.