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For a different development policy!

Beitrag vom 06.06.2012

Neue Zuercher Zeitung

Mehr Entwicklungshilfe

Grosse Mehrheit im Nationalrat für die Rahmenkredite 2013-2016

Der Nationalrat hat die neuen Kredite für Entwicklungshilfe gutgeheissen. Die SVP wollte den Rahmen für Verpflichtungen auf 9,6 statt 11,35 Milliarden Franken festlegen, scheiterte aber mit 55 gegen 126 Stimmen.

C. W. · Man hätte sich vorstellen können, dass ein Antrag zur jährlichen Steigerung der Entwicklungshilfe um 9 Prozent bis zum Jahr 2015 zu ausufernden Diskussionen über die Armutsprobleme und Ansätze zu ihrer Lösung oder zumindest über gelungene und misslungene Projekte führen würde. Dass sich der Nationalrat am Montag und Dienstag auf eine Debatte unter Fraktionssprechern beschränkte und die höheren Kredite das Quorum gemäss Ausgabenbremse mühelos erreichten, hatte wohl mehrere Gründe. Gewiss hat sich die Entwicklungszusammenarbeit als eine Staatsaufgabe etabliert, haben die zuständigen Verwaltungsstellen Know-how erworben und hat sich die Meinung verbreitet, dass die Schweiz mit Vorteil zum Mittelfeld der Geberländer aufschliesst. Der Entscheid hat aber auch seine wichtige Vorgeschichte.

Eine besondere Dynamik

Eine Petition der Hilfswerke hatte 2008 im Parlament eine Dynamik ausgelöst, und der Bundesrat verstärkte diese noch durch seine anfängliche Weigerung, für das Ziel von 0,5 Prozent des Bruttonationaleinkommens auch nur ein Szenario vorzulegen. Nachdem beide Kammern vor gut einem Jahr den Ausbau grundsätzlich beschlossen hatten, konnte der Nationalrat nun schwerlich zurückstecken - Gegner wurden als schlechte Verlierer hingestellt. Die voraussichtlichen Zahlungen sind im Finanzplan berücksichtigt. Die Verpflichtungskredite, über die zu befinden war, sind etwa 15 Prozent höher, da die Verträge, die auf dieser Grundlage geschlossen werden dürfen, teilweise über die vierjährige Kreditperiode hinausreichen und sich auch nicht alle Projekte zeitgerecht realisieren lassen. Für die jährlichen Zahlungen habe das Parlament, etwa im Fall ernsthafter wirtschaftlicher Probleme, noch Flexibilität, sagte Bundesrat Didier Burkhalter, der sich für den Ausbau klar engagierte («ein Franken pro Person und Tag»).

Isolierte SVP

Die Vertreter der SVP, die 15 Prozent weniger hohe Kredite beantragten, machten es zudem mit einigen ihrer Argumente anderen Votanten leicht. So stellte Adrian Amstutz (Bern) just das kommunistische China als Vorbild hin, wie Armut ohne Hilfe reduziert werden könne. Und während er behauptete, eine Wirkungsanalyse fehle vollständig, konnte Kathy Riklin (cvp., Zürich) als Kommissionsreferentin in Erinnerung rufen, dass zahlreiche Evaluationen und Wirkungsberichte allgemein zugänglich sind und mit dem Aufwand für solche Untersuchungen auch nicht übertrieben werden sollte.

Hildegard Fässler (sp., St. Gallen) verwies darauf, dass die SVP sonst «Hilfe vor Ort» als Alternative zu einer liberalen Asylpolitik fordere. Luzi Stamm (Aargau), Mitunterzeichner der Ausschaffungsinitiative, prangerte hohe Ausschaffungskosten an und meinte, die Bevölkerung wäre gegen Zahlungen an «EU-Oststaaten» - diese Beiträge (vom Volk grundsätzlich gutgeheissen) sind nicht Inhalt der Vorlage. In der jüngsten Studie zur Sicherheitspolitik bejahen übrigens 62 Prozent der Befragten ein Mehr an Entwicklungshilfe als Mittel der Schweiz, ihre Interessen zu wahren und gleichzeitig zur Sicherheit in der Welt beizutragen.

Der Mehrheitsantrag setzte sich mit 126 gegen 55 Stimmen durch und überwand die Ausgabenbremse mit 128 gegen 51 Stimmen. In der Detailberatung zog Maximilian Reimann (svp., Aargau) einen Antrag für Programmbeiträge an Privatunternehmen zurück. Diese - und die Hilfswerke - werden nun aber ausdrücklich als mögliche Partner bei Projekten des Bundes genannt. Die SP ihrerseits verzichtete auf die Forderung nach einem Zwischenbericht, der nach zwei Jahren wieder eine Debatte ermöglicht hätte. Gelegenheit dazu bietet allenfalls ohnehin der Aussenpolitische Bericht.