Beitrag vom 21.02.2014
Handelsblatt
Robert Mugabe wird 90
Der greise Diktator
von Wolfgang Drechsler
Robert Mugabe, seit 34 Jahren Diktator Simbabwes, wird auf seine alten Tage von der EU fast hofiert. Politiker sehen Anzeichen für Reformen, Sanktionen werden gelockert. Doch Mugabes Einfluss aufs Land ist verheerend.
Die jüngste Frischzellenkur in Singapur hat offenbar Wunder gewirkt: Als Robert Mugabe gestern pünktlich zu seinem 90. Geburtstag an diesem Freitag aus Asien nach Simbabwe zurückkehrte, wirkte er jedenfalls etwas fitter als in den letzten Wochen. Angeblich hatte er sich in Asien erneut wegen eines Grauen Stars behandeln lassen.
Dass der Mann, der Simbabwe seit dessen Unabhängigkeit im Jahre 1980 mit eiserner Faust regiert, gesundheitlich schwer angeschlagen ist, konnten zuletzt jedoch selbst seine Leibärzte nur noch notdürftig kaschieren. Wo Mugabe dieser Tage öffentlich auftritt, helfen sie mit Aufbauspritzen kräftig nach.
Bei der Trauerfeier für seine Schwester Bridget im letzten Monat wirkte der Despot geistig abwesend und körperlich ausgelaugt. Die damals offiziell verbreiteten Aufnahmen zeigen ihn während der Feier gebeugt auf einem Ledersofa sitzend. Kurz zuvor soll er im Weihnachtsurlaub in Singapur einen weiteren Schwächeanfall erlitten haben. Mit Spannung wird deshalb erwartet, wie gut er die offiziellen Geburtstagsfeierlichkeiten übersteht.
Seine Zanu PF-Partei organisiert im Stadion von Marondera eine gigantische Jubelorgie für den auf Abwege geratenen Gründervater des Landes - mit Spießbraten, Kuchen, Musik und etlichen Showeinlagen.
Gegenwärtig beschäftigen Mugabe, den Südafrikas Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu einmal den "urtypischen afrikanischen Diktator" genannt hat, ohnehin nur noch zwei Dinge: zum einen die nächsten Monat bevorstehende Hochzeit seiner 24jährigen Tochter Mona und das Bestreben, den permanenten Machtkampf um seine Nachfolger in der eigenen Partei am Laufen zu halten.
Solange sich seine Rivalen gegenseitig an der Kehle hängen und die Partei spalten, ist eine Palastrevolte gegen den Diktator auf Lebenszeit so gut wie ausgeschlossen, selbst jetzt im Winter seines langen Lebens. Seine Macht bleibt jedenfalls ungebrochen: So hat die Stadtverwaltung von Harare auf Anordnung Mugabes gerade erst alle Schlaglöcher in den Straßen gefüllt, auf denen Tochter Mona und ihr Mann von der Kirche zu Mugabes riesigem Anwesen fahren werden, das wegen seiner extrem verschwenderischen Gattin Grace im Volksmund seit langem als "Graceland" bekannt ist. Der ganze Komplex hat weit mehr gekostet als Mugabe in den letzten 34 Jahren als Staatschef offiziell insgesamt verdient hat.
Dabei hat sich Mugabe nach außen hin stets spartanisch, diszipliniert und bescheiden gegeben. Doch spätestens seit dem Tod seiner Frau Sally, einer Ghanaerin, vor 20 Jahren hat Mugabe einen völligen Lebenswandel vollzogen, vermutlich um seiner 41 Jahre jüngeren Frau Grace zu imponieren, deren Shoppingtrips nach Singapur, Johannesburg und London legendär sind.
EU lockert Sanktionen
Ein Geschenk der besonderen Art hat Robert Mugabe schon vor seinem Geburtstag bekommen: Die Europäische Union (EU) hat in dieser Woche ihre langjährigen Sanktionen gegen Simbabwe fast völlig gelockert. Acht Personen aus dem engsten Umfeld des Diktators dürfen nun wieder in die EU einreisen.
Brüssel hatte die Sanktionen 2002 wegen der damals dreist gefälschten Wahlen und schwerer Menschenrechtsverletzungen gegen den Despoten und seinen inneren Zirkel verhängt. Zwar dürfen er und seine Frau Grace auch künftig nicht in die EU einreisen. Allerdings werden die beiden vermutlich schon Anfang April in Brüssel ganz offiziell empfangen werden. Dann lädt die EU nämlich alle afrikanischen Staats- und Regierungschefs zu einem Sondergipfel dorthin ein - und dafür gelten Ausnahmeregelungen.
Mugabe steht weitere fünf Jahre an der Spitze
Mit der Aufhebung fast aller Sanktionen gegen das Umfeld des Diktators reagiert die EU nach eigenem Bekunden auf "Anzeichen von Reformen und mehr Demokratie in Simbabwe". Die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton will zuletzt eine deutliche Besserung der Lage im früheren Rhodesien beobachtet haben.
Woran sie dies genau festmacht, bleibt jedoch unklar. Schließlich waren auch die Wahlen im vergangenen Jahr, bei denen Mugabe und seine Zanu-Partei angeblich mit einer überwältigenden Mehrheit von Zweidritteln aller Stimmen zum siebten Mal hintereinander ins Amt gehievt wurden, nach Einschätzung unabhängiger Beobachter an allen Ecken und Enden gefälscht. So befanden sich auf den Wahllisten allein mehr als 120.000 Wähler über 100 Jahre - und das in einem Land, dessen Lebenserwartung inzwischen dank der Misswirtschaft des Regimes weit unter 50 Jahren gefallen ist. Daneben kontrolliert Mugabe nach wie vor seit Jahren den gesamten Sicherheitsapparat und die Medien. Demokratie sieht anders aus.
Mugabe hinterlässt wirtschaftliches Chaos
Auch wirtschaftlich liegt das Land am Boden. Zwei Millionen Simbabwer brauchen inzwischen wieder Unterstützung von der Welthungerhilfe, um zu überleben, weil die Vertreibung fast aller weißen Farmer die Landwirtschaft fast völlig ruiniert hat. Millionen sind vor dem Elend ins Ausland geflüchtet.
Dennoch können sich viele Simbabwer ihr geschundenes Land noch immer nicht so recht ohne Mugabe vorstellen. Die lange Herrschaft hat seinen Mythos der Unbezwingbarkeit gestärkt und viele in Resignation gestürzt. Proteste wie jetzt in Kiew hat es in Simbabwe aus Angst vor einer blutigen Niederschlagung nie gegeben.
In- und ausländische Investoren haben die Hoffnung auf eine vernünftigere Wirtschaftspolitik des Regimes ohnehin längst aufgegeben und sich aus dem Land zurückgezogen. Per Federstrich hat Mugabes Zanu-Partei gerade erst alle Ausländer und weißen Simbabwer zu Minderheitsaktionären in ihren eigenen Unternehmen erklärt.
Seit Jahresbeginn können diese nun noch maximal 49% der Anteile an ihren eigenen Unternehmen besitzen - der Rest muss ohne eine adäquate Entschädigung in die Hände schwarzer Simbabwer überführt werden. Es handelt sich um eine gesetzlich verfügte und damit "legale" Enteignung.
Simbabwe ist nur ein weiteres Beispiel, dafür dass kein Land jahrelang ungestraft Eigentumsrechte missachten und den Rechtsstaat aushebeln kann, ohne dafür am Ende einen hohen Preis zu bezahlen. Wie die meisten Beobachter glaubt auch Roeland van de Geer, der EU-Botschafter in Südafrika, dass ein Neuanfang im früheren Rhodesien nur ohne Mugabe möglich ist. Der Diplomat spricht ungewöhnlich offen von einem schweren langfristigen Schaden und befürchtet auf kurze Sicht das weitere Ausbluten eines Landes, das einst als Vorbild für einen ganzen Kontinent stand.