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Beitrag vom 15.04.2019

NZZ

Südafrika

Der ANC ist auf Bücherjagd

Wenige Wochen vor den Wahlen in Südafrika hat die Regierungspartei mit einem brisanten Buch zu kämpfen. Der Journalist Pieter-Louis Myburgh arbeitet darin die Machenschaften des ANC-Generalsekretärs auf.

Christian Putsch, Kapstadt

In der politischen Auseinandersetzung sollten Parteien vor allem auf die Kraft ihrer Argumente setzen. Gemessen daran kommt dem African National Congress (ANC) derzeit alles andere als eine Vorbildfunktion zu. Die südafrikanische Regierungspartei wehrt sich mit zweifelhaften Mitteln gegen das Buch «Gangster State» des investigativen Journalisten Pieter-Louis Myburgh. Dieser arbeitet darin die Machenschaften des ANC-Generalsekretärs Ace Magashule auf, der im korrupten Netzwerk des ehemaligen Präsidenten Jacob Zuma eine Schlüsselrollen spielte.

Wenige Wochen vor den Wahlen am 8. Mai ist das durchaus politisch brisanter Stoff in Südafrika. Das offenbart auch die Reaktion von Magashules Anhängern. Bei der Vorstellung von «Gangster State» in Johannesburg stürmten Aktivisten den Buchladen und zerrissen mehrere Exemplare des Werkes. Die Aktion erzielte genug Wirkung, um eine ähnliche Veranstaltung zum Buch in Kapstadt auf Anraten der Polizei abzusagen.

Auch auf verbaler Ebene schoss der ANC in der Angelegenheit über das Ziel hinaus. Die Partei veröffentlichte eine Erklärung, in dem das Werk mit der längst abgeschafften Stratcom-Behörde verglichen wird, die zu Zeiten der Apartheid gezielt falsche Informationen und Propaganda streute – oft zuungunsten des ANC. Die Jugendliga der Partei in Magashules Heimatprovinz Free State, die er als Premierminister lange mit zweifelhaften Methoden regierte, hatte sogar angekündigt, eine grosse öffentliche Verbrennung des Buches zu organisieren. Immerhin dies wurde nach dem Einschreiten der Parteispitze verhindert, wo man die Wirkung derartiger Bilder im letzten Moment erkannte.

Der Autor Myburgh zeigt sich wenig verschreckt und kritisierte die Absage der Lesung in Kapstadt vehement. Immerhin etwas Genugtuung dürfte er verspüren. In Free State hatte die ANC-Jugend laut einem Bericht der Zeitung «The Citizen» in Vorbereitung der Bücherverbrennung bereits eine ganze Garage mit Exemplaren seines Buchs gefüllt. Auch das ist eine Methode, um in die Bestseller-Listen zu gelangen.