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Beitrag vom 27.08.2011

tagesschau.de

Afrikas schwerer Abschied von Gaddafi

Die 54 Staaten der Afrikanischen Union tun sich schwer mit dem Umsturz in Libyen. Den nationalen Übergangsrat der Rebellen wollen sie vorerst nicht anerkennen. Stattdessen fordern sie eine Übergangsregierung, die auch Gaddafi-treue Kräfte einbindet.

Von Marc Engelhardt, ARD-Hörfunkstudio Nairobi

Libyens afrikanische Nachbarn zögern weiterhin, den Abtritt von Muammar al Gaddafi zu akzeptieren. Auf einem Sondergipfel der Afrikanischen Union (AU) wurde beschlossen, erst einmal abzuwarten. Die Anerkennung des libyschen Übergangsrats sei schlicht unmöglich, sagte Südafrikas Präsident Jacob Zuma. "Derzeit wird in Tripolis noch um die Macht gekämpft. Die Truppen des Übergangsrats haben es bis dahin geschafft, der Kampf ist aber noch nicht entschieden. Alles ist im Fluss. In Sirte verhandeln beide Kriegsparteien miteinander. Vor diesem Hintergrund können wir den Übergangsrat schlicht nicht als Regierung anerkennen."

Doch die Forderung, die die Afrikanische Union stattdessen erhebt, ist kaum realistisch: Sie plädiert für eine Übergangsregierung, an der auch Gaddafi-treue Kräfte beteiligt sein sollen. Ein afrikanischer Vermittlungsversuch mit genau diesem Ziel war allerdings bereits im April gescheitert.

Appell der UNO

Die stellvertretende UN-Generalsekretärin Asha-Rose Migiro rief die 54 Mitgliedsnationen deshalb auf, sich zu bewegen. "Es sind heute Differenzen deutlich geworden zwischen der Afrikanischen Union und anderen, die an der Diskussion teilgenommen haben. Aber wir müssen nach vorne sehen. Die AU hat bislang stets eine Lösung gesucht, die Libyens friedliche Zukunft sichert. Und ich glaube, wenn die AU und die UNO zusammen arbeiten, dann werden wir das schaffen."

Gaddafi war Hauptgeldgeber

Im März reiste der südafrikanische Präsident Zuma mit einer AU-Delegation nach Tripolis, um zwischen Gaddafi und den Rebellen zu vermitteln.
Ob diese Zusammenarbeit gelingt ist fraglich. Denn der Abschied von Gaddafi fällt den meisten afrikanischen Regierungen schwer. Dabei war er durchaus politisch umstritten. Doch als Geldgeber war er unersetzlich, so Adams Oloo, Politologie-Professor an der Universität Nairobi. "Gaddafi war der Hauptgeldgeber der Afrikanischen Union und vieler afrikanischer Staaten. Libyen hat viel in afrikanische Geschäfte investiert. Und in Afrika sind die Interessen der Elite nun einmal wichtiger als die der Gesellschaft. Viele Staatsoberhäupter haben persönlich Geschäfte mit Gaddafi gemacht und wollen deshalb, dass er bleibt."

Überall in Afrika investierten Libyens Machthaber und seine Staatsunternehmen. Luxushotels, Tankstellenketten, Raffinerien - es kaum kaum etwas, was Gaddafi nicht kaufte. 400 Millionen Dollar soll er allein in einen afrikanischen Kommunikationssatelliten gesteckt haben.

Dank Gaddafi an der Macht

Gaddafis Herz schlug für Despoten wie Simbabwes Präsident Robert Mugabe - und für Bürgerkriege. Ohne sein Geld und Waffen hätten die Darfur-Rebellen im Sudan nicht so lange durchhalten und viele Diktatoren, etwa in Zentralafrika und im Kongo, hätten sich nicht an der Macht halten können. Beobachter glauben sogar, dass Gaddafi zuletzt die Shabaab-Miliz in Somalia finanzierte.

Nicht nur den Islamisten fehlt jetzt ihr Geldgeber, sondern auch der auf Gaddafis Betreiben hin gegründeten Afrikanischen Union. Die hält sich deshalb am letzten Strohhalm fest, indem sie Gaddafi nicht verleugnet. Doch damit dürfte sie sich für die kommende Regierung endgültig überflüssig gemacht haben. Libyens Übergangsrat lässt jedenfalls nicht erkennen, dass ihm an der Anerkennung aus Afrika überhaupt noch etwas liegt.