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Für eine andere Entwicklungspolitik!

Beitrag vom 13.08.2012

The Wall Street Journal

Afrikas Regierungen wollen den Dollar vertreiben

Von PATRICK MCGROARTY

In Afrika wollen einige Staaten den US-Dollar als Schattenwährung verbannen - auch, wenn dies bedeutet, dass sie Bürger dafür ins Gefängnis stecken müssen. So will etwa Angola im Südwesten Öl- und Gasfirmen dazu zwingen, Löhne und Verträge in der nationalen Währung Kwanza auszuzahlen. Mosambik im Südosten will Unternehmen verpflichten, die Hälfte ihrer Exporterlöse in den Meticais zu tauschen, so dass mehr Geld, das mit den Kohle- und Gasvorkommen verdient wird, in die heimische Wirtschaft fließt. Auch Ghana überlegt, wie sie die eigene Währung stützen kann, nachdem der Cedi zum Dollar im ersten Halbjahr um mehr als 17 Prozent nachgegeben hat.

Am härtesten aber greift Sambia durch, ein kupferreiches Land im Süden Afrikas. Dort hat die Zentralbank Geschäfte in US-Dollar gleich komplett verboten. Wer "in einer fremden Währung zahlt, anbietet oder verlangt, bezahlt zu werden", kann für bis zu zehn Jahre ins Gefängnis kommen, wie die Zentralbank im Mai in einer zweiseitigen Verordnung festlegte. "Bisher wurde niemand verfolgt oder eingesperrt, weil er gegen das Gesetz verstoßen hat - aber wir überwachen, ob es eingehalten wird", sagte ein Sprecher der sambischen Zentralbank.

Für Unternehmen, egal ob aus dem Inland oder von außerhalb, ist der Kampf gegen den Dollar ein abrupter Wechsel. "Sie werden sicher eine Übergangszeit brauchen", sagt Mike Keenan, Spezialist für afrikanische Währungen bei der Südafrika-Tochter von Barclays.

Mit den neuen Verordnungen wollen die afrikanischen Länder die eigenen, oft wenig gehandelten Währungen stärken und mehr Geld in die weitgehend isolierten Finanzmärkte bringen. "Die Rohstoffe der afrikanischen Länder generieren Erträge - die aber fließen oft um die Länder herum", sagt Experte Keenan. Die Länder wollen mehr Einfluss auf die Geldpolitik in ihren Ländern haben, und das geht nur, indem sie die eigene Währung zur Leitwährung machen. Außerdem bekämen die lokalen Banken neue Geschäftsfelder, etwa mit Hedging-Produkten auf die Währung oder Umtauschgeschäften.

Und wenn etwa in Sambia teure Hotels und Luxus-Reisefirmen ihre Preise in Dollar angeben, beschweren sich die Bürger vor Ort. Ihr Argument: Der dortige Kwacha kann nicht in den USA zum zahlen benutzt werden - warum sollte also der Dollar Sambia dominieren? "Da wird in unseren Augen mit zweierlei Maß gemessen", sagt Caeser Siwale, der Geschäftsführer der sambischen Investmentbank Renaissance Capital. Große Konzerne, so Siwale, erwarten von kleinen Volkswirtschaften wie Sambia, dass sie eine Auslandswährung als die wichtigste im Land akzeptieren. Das würde in Europa oder China nie passieren, sagt Siwale.

In Sambia scheinen die Maßnahmen zu funktionieren: Eine erhöhte Nachfrage nach dem Kwacha hat die Währung im Juli auf ihren höchsten Stand seit mehr als einem Jahr gehoben, für 4640 Kwacha bekam man zwischenzeitlich einen Dollar. Angeheizt wurde die Nachfrage von ausländischen Fabriken und Minenunternehmen. Die baten zwar die Regierung, die neue Währungspolitik zu überdenken und sagen, sie würde die Geschäfte teuer und mühselig machen. Auch bereiten den Minenbetreibern die Kosten Sorgenfalten, die sie zahlen müssen, um die Kupferproduktion gegen Schwankungen der volatilen Währung abzusichern. Aber trotzdem deckten sie sich mit dem Kwacha ein. "Es könnte schwer sein, Kwachas zu finden, wenn man sie braucht", sagt Frederick Bantubonse, Kopf von Sambias Minenverband Chamber of Mines in Anspielung auf die niedrige Liquidität und die hohe Volatilität der Währung.

Langfristig wird die Regierung in Lusaka aber nicht umhin kommen, für politische Stabilität zu sorgen und die Inflation im Zaum zu halten, wenn sie die eigenen Währung stärken will. Das sagen Experten wie John Wakeman-Linn, der beim Internationalen Währungsfonds für Sambia zuständig ist. "Die Handelsbeschränkungen führen langfristig nicht zu wesentlich mehr Vertrauen in den Kwacha", sagt Wakeman-Linn.

Anderswo in Afrika schauen die Politiker auf Sambia. Ghana etwa, ein weiteres schnell wachsendes afrikanisches Land mit reichen Mineralvorkommen und einer wachsenden konsumfreudigen Mittelschicht, will ebenso die eigene Währung stärken. Seit Mai müssen alle Banken im Land ihre Einlagen in Cedi halten, während vorher auch ein Dollar-Anteil erlaubt war.

Das könnte Leuten wie Sterre Mkatini das Leben einfacher machen. Die Fernsehproduzentin brachte vor kurzem einen Rucksack gefüllt mit Cedi im Wert von 8.000 US-Dollar zur Bank, um die Miete für ein Jahr im Voraus zu bezahlen - wie viele Vermieter verlangt das auch seiner, um die Inflation zu umgehen. In der Bank tauschte Mkatini das Geld in Dollar um, legte sie in ein Dollar-Konto ein und überwies das Geld an das Londoner Konto ihres Vermieters. Der ist wie sie Ghanaer, aber verlangt die Miete in Pfund - auch das, um sich vor der Inflation zu schützen. "Ich schätze, ich habe in Pfund gezahlt", sagt Mkatini.

Daran verdienen Geldwechsler wie Robert Asiedu, Geschäftsleiter bei Quick Bureau D'Change in Ghanas Hauptstadt. Nachdem die Zentralbank die Transaktionsmenge zwischen Währungen begrenzt hat, boomen seine Geschäfte - es kommen Geschäftsmänner statt nur noch Touristen. Oft schauen chinesische Importeure kurz vor ihrem Flug ins Heimatland herein, um Cedi im Wert von 100.000 US-Dollar umzuwechseln. Ohne solche Aktionen, glaubt Millison Narh von der Ghanaischen Zentralbank, wird das Land nicht seine schwache Währung und sein großes Handelsdefizit in den Griff bekommen: "Wenn wir nichts tun, wird es uns eine lange, lange Zeit schaden."