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Beitrag vom 21.08.2014

Wall Street Journal

Afrikanische Staatsanleihen verlieren ihre Magie

Von Matt Day

Afrikas Schuldenboom zeigt erste Risse: Zwar sind die Regierungen afrikanischer Staaten in diesem Jahr auf dem Weg, zum zweiten Mal in Folge Anleihen in Rekordhöhe zu begeben. Sie nutzen die Gelegenheit, sich zu niedrigen Zinsen Geld für Infrastruktur und andere Projekte zu leihen.

Doch der Appetit globaler Investoren auf afrikanische Anleihen könnte nachlassen. Publikums- und börsengehandelte Fonds haben laut dem Datendienstleister EPFR Global bis zum 13. August in diesem Monat mehr afrikanische Anleihen verkauft als gekauft - das erste Mal seit März. Die Anleihekurse von Ländern von Gabun über Kenia bis zur Elfenbeinküste sind gesunken, nachdem sie zu Monatsbeginn fast Rekordhöhen erreicht hatten.

Angesichts der Tatsache, dass aufgrund der Politik der Zentralbanken wieder mehr Geld in die Industrieländer fließen dürfte, überdenken Vermögensverwalter ihre riskantesten Wetten. Stärkere US-Wirtschaftsdaten aus diesem Monat stützen die Erwartung, dass die Federal Reserve die Zinsen erhöhen wird. Das könnte sich im kommenden Jahr auf die Anleihekurse auswirken. Ähnliche Befürchtungen haben bereits dafür gesorgt, dass sich Investoren Anfang des Monats fluchtartig aus amerikanischen Ramschanleihen und anderen riskanten Anlagen zurückgezogen haben.

Auktion in Ghana ist wichtiger Test

Investoren fürchten, dass ein Rückzug aus Märkten mit einer hohen Rendite die afrikanischen Schuldner besonders hart treffen würde. Das würde Länder, die versuchen, ihre Haushalts- und Handelsdefizite einzugrenzen, unter Druck setzen: Das Wirtschaftswachstum könnte sinken, Währungen zusammenbrechen. Kleine Anleihemärkte mit einer geringen Liquidität könnten Probleme bekommen, wenn die Anleger ihr Geld alle auf einmal abziehen, was den Vermögensverwaltern Verluste einbringen würde. Analysten sehen eine geplante Auktion der ghanaischen Regierung als wichtigen Test dafür, wie die Stimmung der Investoren in Bezug auf afrikanische Staatsanleihen ist.

"Wenn man auf einige dieser afrikanischen Länder blickt, sehe ich dort nicht mehr sehr viel Wert", sagt Jack Deino, der bei Invesco für Schwellenländer-Anleihen verantwortlich ist. "Probleme gibt es, wenn es ein bisschen holprig wird. Ich glaube, dass viele Leute, die diese Anleihen kaufen, ihre Hausaufgaben nicht machen." Seine Firma, die 799 Milliarden Dollar verwaltet, hat Positionen in einigen afrikanischen Staatsanleihen abgebaut.

Afrikanische Regierungen könnten laut dem Datendienstleister Dealogic in diesem Jahr Anleihen im Rekordwert von 12,2 Milliarden Dollar an internationale Investoren verkaufen und damit den Rekord vom vergangenen Jahr von 10,9 Milliarden Dollar übertreffen. Die Länder, von denen viele eine lange Liste mit Infrastrukturprojekten haben, waren begierig darauf, sich billig Geld zu leihen, als die großen Zentralbanken die Zinsen auf Rekordtiefs senkten.

Im Juli nahm Senegal mit zehnjährigen Anleihen 500 Millionen Dollar ein, Anleger bekommen dafür eine Rendite von 6,25 Prozent. Zuletzt hatte das Land 2011 versucht, internationale Schuldenmärkte anzuzapfen. Damals lag die Rendite bei 9,125 Prozent. Die Renditen von Anleihen steigen, wenn die Kurse fallen.

Wie Senegal haben auch viele andere afrikanischen Länder in diesem Jahr zehnjährige Anleihen begeben. Eine Ausnahme war Kenia: Das Land 2 Milliarden Dollar eingesammelt - und dafür fünf- und zehnjährige Anleihen auf den Markt gebracht. Tunesien hat - unterstützt von der amerikanischen Agentur für Internationale Entwicklung - eine siebenjährige Anleihe begeben. Die Anleihen, die Kenia, Senegal und die Elfenbeinküste in den vergangenen zwei Monaten auf den Markt brachten, haben zusammen einen Nennwert von 3,25 Milliarden Euro. Laut Bankern, die mit den Auktionen befasst waren, wurden dafür Gebote in Höhe von 17 Milliarden Dollar abgegeben.

Dennoch könnten Investoren wählerischer bei der Auswahl der Anlagen werden. In den beiden Wochen vor dem 13. August zogen sie 29 Millionen Dollar aus Anleihefonds ab, die in Afrika investiert sind, wie Daten von EPFR Global zeigen. In den vorangegangenen vier Monaten hatten Investoren 351 Millionen Dollar in solche Fonds gesteckt. Südafrika ist in den Daten nicht enthalten, da das Land schon lange auf den weltweiten Anleihemärkten mitspielt und viele Investoren es als andere Anlageklasse sehen.

Ghana ersuchte in diesem Monat beim Internationalen Währungsfonds um Rettungsgeld - zur gleichen Zeit, in der das Land eine internationale Anleiheauktion vorbereitete. Das wachsende Haushaltsdefizit und die Abwertung der Währung machen dem Land zu schaffen. Länder, die beim IWF um Hilfe bitten, können internationale Anleihemärkte für gewöhnlich nicht günstig anzapfen.

Nur wenige Investoren glauben, dass den afrikanischen Ländern die Zahlungsunfähigkeit droht

Seine Firma habe die Positionen in kenianischen Anleihen in den vergangenen Wochen zurückgefahren, aus Angst davor, dass der Ausverkauf amerikanischer Ramschanleihen auf andere riskante Schuldenmärkte überschwappen könnte, sagt Kieran Curtis, Portfoliomanager bei Standard Life Investments. "Wir wollen nicht auf dem falschen Fuß erwischt werden."

Doch nur wenige Investoren glauben, dass den neuen afrikanischen Schuldnern die Zahlungsunfähigkeit droht. Nachdem ihnen jahrelang Schulden erlassen wurden, ist ihre Last meist gering. Einige Staaten verzeichnen die höchsten Wachstumsraten der Welt. Der IWF schätzt, dass die Wirtschaftsleistung der Elfenbeinküste in diesem Jahr um 8,2 Prozent wächst. Und Ghana dürfte es trotz der Probleme aufgrund einer wachsenden Öl- und Gasproduktion auf 4,8 Prozent bringen.

Marktbeobachter warnen allerdings, dass Wachstum allein die Länder nicht von Problemen fernhalten wird, wenn die Regierungen die Finanzen nicht im Griff haben. Staaten, die sich nun billig Geld liehen, müssen diese Schulden zurückzahlen oder neue Anleihen begeben, wenn es nicht mehr so günstig ist.

Ghana brachte 2007 internationale Anleihen im Wert von 750 Millionen Dollar auf den Markt. Damit war es nach Südafrika der erste afrikanische Staat südlich der Sahara, das ausländische Schuldenmärkte anzapfte. Die Anleihen stießen bei Investoren auf Interesse: Sie rechneten damit, dass das Land, in dem vor allem Kakao angebaut wird, von neu entdeckten Ölfeldern profitieren würde.

Doch die Ölförderung lief nicht so gut wie erwartet und die Kosten für die Staatsbediensteten stiegen. Laut der Ratingagentur Fitch gehen allein 20 Prozent der Staatsausgaben für die Zahlung von Zinsen auf die Schulden drauf.

Eine weitere Anleiheauktion würde dabei helfen, das Haushaltsloch zu stopfen, doch Analysten warnen davor, dass die Staaten von billigen Darlehen ausländischer Investoren abhängig werden könnten.

"Wenn man die internationale Finanzierung aus dem Markt nimmt, vielleicht nur zur Hälfte, dann muss man die Investitionen in Infrastruktur und Löhne kürzen", sagt Chris Becker von der Investmentbank African Alliance. "Jeder wird eine Niederlage einstecken müssen."

—Mitarbeit: Ben Edwards