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Beitrag vom 21.08.2022

FAS

Geiselnahme in Mali

Von Peter Carstens

Die ersten deutschen Soldaten sind wieder frei. Aber mit einem Regime, das in Mali seine Helfer der Freiheit beraubt, sollte man nicht länger kooperieren.

Nach Wochen hat sich das Militärregime in Mali bequemt, die ersten von rund 150 deutschen Soldaten nach Hause zu lassen. Sie hatten unfreiwillig bleiben müssen. Erst öffentlicher Druck und ein wachsender Unmut bei den betroffenen Soldaten hatten beim Auswärtigen Amt und dem Verteidigungsministerium für energisches Bemühen gesorgt. Schließlich wandten sich Familien der Soldaten an die Wehrbeauftragte. Wertschätzung für die Soldaten in misslicher Lage war bei alledem schwer zu erkennen.

Die Putschisten in Bamako ließen sich zuletzt noch provozierend viel Zeit, ehe sie die Vereinbarung umsetzten, mit der die Geiselnahme, die es de facto ist, für eine erste Gruppe beendet wurde. Ganz wie in einem schlechten Erpresser-Krimi erfuhren die Befreier erst in der Nacht, dass die Übergabe funktionieren könnte. In Gao mussten die wartenden Soldaten lange fürchten, es gehe doch wieder schief. So wie in der Woche davor. Da hatte die deutsche Seite schon alle Forderungen der Junta erfüllt. Die Obristen begrüßten aber lieber die neusten russischen Waffen und den chinesischen Botschafter, als den deutschen UN-Soldaten freies Geleit zu geben.

Immer neue Schikanen belasten den Einsatz in Westafrika seit Längerem. Flugzeuge dürfen nicht landen, Soldaten nicht ein- oder ausreisen, Drohnen nicht fliegen. 49 Wachsoldaten aus der Elfenbeinküste, die am Flughafen Bamako auch das deutsche Kontingent schützen sollten, wurden Anfang Juli als „Söldner“ verhaftet, ihnen droht jetzt ein Prozess.

Dabei soll die MINUSMA-Mission der Vereinten Nationen den fragilen Bürgerkriegsfrieden sichern. Aus Sicht der Machthaber, aber auch vieler Bürger Malis, hat sich MINUSMA allerdings zu lange auch in den Dienst von Frankreichs Anti-Terror-Operation gestellt. Und Paris ist aus Sicht Bamakos geradezu Staatsfeind Nummer eins. Jedenfalls schien es der Junta wichtiger, die Franzosen zu verjagen als die islamistischen Terrorgruppen, die fast wöchentlich die malische Armee angreifen. Davon sei auch Deutschland betroffen gewesen, das man hoch schätze, heißt es von Mali-Experten.

Allerdings ist Frankreich unser wichtigster europäischer Partner, und unter Freunden sagt man eigentlich: Schlägst du ihn, triffst du auch mich. Doch Berlin will eine neue, eine größere Afrikapolitik, auch ohne Frankreich. Deswegen glaubt man im Auswärtigen Amt, Deutschlands Militär könne bleiben, wo Frankreichs Armee rausgeekelt wird. Eine größenwahnsinnige Vorstellung, wenn man bedenkt, dass die Bundeswehr nicht einmal vier funktionsfähige Kampfhubschrauber aufbieten kann, um französische zu ersetzen.

Kein anderes europäisches Land wollte oder konnte Berlins Afrikatruppe helfen. Das sollte zu denken geben. Jetzt könnten erst Hubschrauber aus El Salvador, dann russische Modelle aus Bangladesch diese Aufgabe für die isolierten Deutschen übernehmen. Wer trotzdem annimmt, nun werde alles besser, hat übersehen, dass am Flughafen von Gao bereits die ersten Russen gesichtet wurden. Neben den Obristen in Bamako könnte also bald auch Moskau darüber bestimmen, ob ein deutsches Flugzeug in Gao landen kann. Höchste Zeit, sich von der Illusion einer bewaffneten deutschen Afrikapolitik zu verabschieden, ehe es wieder zu spät ist – wie in Kabul.