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Äquatorialguineas Herrscher lieben den Luxus.

Äquatorialguinea
Süddeutsche Zeitung Codename "Zen“ Während ihr Volk verarmt, planen sie die größte Yacht der Welt - mit deutscher Hilfe / Von Markus Balser München - Einen so obskuren Schurkenstaat konnte eigentlich nur die Phantasie einfallsreicher Schriftsteller schaffen. Frederick Forsyths Söldner-Roman "Die Hunde des Krieges“ von 1995 erzählt von einer Folterrepublik, mit der niemand etwas zu tun haben will, wären da nicht die vielen Rohstoffe. Forsyth schrieb seinen Roman im Hotel Bahia am Hafen von Malabo, der Hauptstadt des westafrikanischen Kleinstaats Äquatorialguinea. Anfangs lobten vor allem Kritiker den Bestseller. Längst aber schwant auch internationalen Politikern, dass das Stück mehr Wahrheit enthält, als ihnen lieb sein kann. Denn die Realität des aus einem Streifen Festland und zwei Inseln bestehenden Staates im Golf von Guinea steht der Fiktion in wenig nach. Auch sie erzählt eine moderne Tragödie, die von den dunklen Seiten der Wirtschaft handelt. Von der Macht der Rohstoffe und des Geldes. Und sie zeigt, wie wenig die Welt aus dem Umgang mit den Diktatoren lernt. Wozu Öl nutzt? Teodorin Obiang weiß das nur zu genau. Die vierspurige Straße "Carretera del Aeropuerto“ wird gesperrt, wenn der Sohn des äquatorialguineischen Präsidenten und Landwirtschaftsminister des Landes nahe Malabo mit seinem Ferrari Gas gibt. Auch an Weihnachten darf es pompös sein. Tatoosh heißt das 100 Millionen Dollar teure Schiff von Microsoft-Co-Gründer Paul G. Allen, das Obiang schon mal über die Festtage mietet. Selbst das mutet bescheiden an, im Vergleich zum jüngsten Geheimplan der Herrscherfamilie. Der Diktatorenspross will sich nach Informationen der Süddeutschen Zeitung eine Superyacht bauen lassen. So groß und teuer wie keine zweite auf der Welt. Und das mit deutscher Hilfe. Die Londoner Menschenrechtsorganisation Global Witness will Recherchen über die Pläne an diesem Montag veröffentlichen. Kino, 38 Zimmer, futuristisches Sicherheitssystem: Teodorin habe den deutschen Yachtbauer Kusch beauftragt. Die Werft aus Wewelsfleth an der Elbe habe das technische Design für 342 000 Dollar abgeschlossen, berichtet die Organisation. Der ursprüngliche Liefertermin sei für Ende 2012 festgelegt worden. Der Bau habe nicht begonnen. Bis zu 380 Millionen Dollar würde das Projekt mit dem Codenamen "Zen“ kosten. Dreimal so viel wie Obiangs Land jährlich für Gesundheit und Bildung ausgibt. Und endgültig zu viel für westliche Justizbehörden. Das Projekt gilt als Beleg für die Entrücktheit des Regimes. Dabei hätte das Land zu einem ganz anderen Modell werden können. Seit vor 15 Jahren Öl entdeckt wurde, sprudeln ungeahnte Reichtümer aus dem Boden. Äquatorialguinea ist der drittgrößte Ölproduzent Afrikas. Täglich fließen mehr als 400 000 Fass aus den Quellen. Wachstumsraten von teils mehr als 30 Prozent - keine andere Volkswirtschaft Afrikas wuchs in der ersten Hälfte des vergangenen Jahrzehnts so schnell. Das Land, das weniger Einwohner hat als Köln, bekommt jährlich viele hundert Millionen Dollar von internationalen Ölkonzernen. Doch Obiangs Volk spürt nichts vom Reichtum des Landes. Nach Angaben der Weltbank müssen große Teile der Bevölkerung mit weniger als zwei Dollar am Tag überleben. "Dies ist ein Land, dessen Bürger über das Pro-Kopf-Einkommen von Spanien oder Italien verfügen sollten; stattdessen herrscht eine größere Armut als in Afghanistan oder im Tschad“, klagt Arvind Ganesan, Leiter der Abteilung Wirtschaft und Menschenrechte von Human Rights Watch. Die Einnahmen kommen fast ausschließlich einer Familie zugute: dem Obiang-Clan. Mehr als drei Jahrzehnte herrscht Präsident Teodoro Obiang, der sich gerne als "Gott“ bezeichnen lässt. 1979 ließ er seinen Onkel erschießen, um an die Macht zu kommen. Zeitungen gibt es keine. Radio und Fernsehsender gehören dem Clan oder dem Staat. Menschenrechte gelten wenig. So ist die Regierung der Meinung, dass Folter an Gefangenen keine Menschenrechtsverletzung ist, weil Gefangene keine Rechte haben. Dem Geschäft schadet das alles nicht. Mit einem Privatvermögen von 600 Millionen Dollar zählt das Magazin Forbes Obiang zu den reichsten Staatschefs der Welt. Amerikanische Ermittler stießen allein beim Präsidentensohn auf Besitztümer, die manchen russischen Oligarchen in den Schatten stellen. Darunter eine 35-Millionen-Dollar-Villa in Malibu. Es gebe den Verdacht, dass Obiangs Vermögen aus "Erpressung, Schmiergeldern und/oder der Plünderung öffentlicher Kassen komme“, heißt es in einem Papier des US-Justizministeriums, das der SZ vorliegt. Inzwischen haben amerikanische Behörden auch europäische Strafverfolger eingeschaltet. So ging eine Hilfsanfrage an französische Behörden in Paris. Seit drei Jahren laufen die Ermittlungen. Doch zu einer Anklage kam es bislang nicht. Das Öl fließt weiter. Geschäfte mit dem Regime bleiben erlaubt. Ob die Details stimmen und die Yacht nun in Bau geht? Kusch will sich dazu nicht äußern. "Wie Ihnen bekannt sein sollte, ist die Branche, die im Megayachtbau tätig ist, generell zur Verschwiegenheit, sowohl im Bezug auf einzelne Projekte, als aber auch im Bezug auf deren Kunden, verpflichtet“, schreibt Mark Dethlefs, Managing Director der Kusch Yacht Projekte GmbH. Das Presseamt der Regierung in Malabo bestätigt Kontakte zwischen Obiang und Kusch. Der Minister habe das Design für eine Yacht bestellt. Es gebe jedoch keinen Kaufvertrag. Sollte der Minister Pläne für eine solche Yacht realisieren, dann nur aus privatem und auf keinen Fall mit illegalen Geldern. Woher aber kommt der Reichtum? Obiang verdiene als Landwirtschaftsminister 6799 Dollar lässt die Regierung Äquatorialguineas auf SZ-Anfrage wissen. Daneben sei allerdings auch der Besitz von Firmen konform mit den Gesetzen des Landes, so das Presseamt weiter. Den Verdacht der Korruption, Erpressung und der Veruntreuung von Staatsgeldern lässt Obiang zurückweisen. "Korruption in der Größenordnung, derer Teodorin beschuldigt wird, wäre nicht möglich oder verlockend, wenn Länder wie Deutschland und die Vereinigten Staaten keine sicheren Häfen für ihn und sein fragwürdiges Privatvermögen wären“, klagt Gavin Hayman, Director of Campaigns bei Global Witness. "380 Millionen Dollar ist eine unglaubliche Summe - dass ein Präsidentensohn aus solch einem armen Land diese Yacht in Auftrag gegeben hat, ist ein ungeheuerlicher Luxus.“ In Malabo wird der Präsidentensohn derweil bereits als Nachfolger des Herrschers gehandelt. Seine Sprecherin bittet um eine faire Behandlung. "Es gibt so viele falsche Berichte über unser Land“, sagt sie. "Erst vor ein paar Tagen war wieder eine deutsche Wirtschaftsdelegation zu Besuch. Die Beziehungen unserer Länder sind doch bestens.“