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Beitrag vom 18.05.2025

Der Standard, Wien

Erfolgsmodell

Botswanas Vizepräsident: "Wir pflegen eine Sprache ohne Krieg"

Nach einem demokratischen Machtwechsel erklärt Ndaba Gaolathe im STANDARD-Gespräch, was sein bevölkerungsarmes Land in Afrika anders macht als andere Staaten

Eric Frey

Im südafrikanischen Binnenstaat Botswana ist im vergangenen Herbst etwas Ungewöhnliches geschehen: Die seit fast 60 Jahren regierende Botswana Democratic Party (BDP) verlor die Wahl und gab ohne Widerstand die Macht an das Oppositionsbündnis Umbrella for Democratic Change (UDC) ab.

Botswana hat damit erneut bewiesen, dass es anders ist als die meisten afrikanischen Staaten, wo die Herrschenden sich an ihre Ämter klammern und es nur mit Gewalt zum Wechsel kommt.

Neben dem neuen Präsidenten Duma Boko war der Ökonom Ndaba Gaolathe die zweite Führungsfigur der Opposition und ist seit November 2024 Vizepräsident und Finanzminister. Im STANDARD-Gespräch erklärt er, was Botswana anders macht.

"Wir hatten in unseren Gemeinschaften eine Tradition, dass wir mit Beteiligung und Beratung nach einem Konsens suchen, und das haben wir bei der Unabhängigkeit 1966 erhalten", sagt der 52-Jährige am Rande des St.-Gallen-Symposiums. Neben freien Wahlen habe es auch in der Politik stets ein System der "checks and balances" gegeben, das politische Exzesse verhindert habe. "Wir halten uns an die Werte unserer Vorfahren."

Die ersten Staatsführer Botswanas seien "selbstlos und gewissenhaft gewesen", sagt Gaolathe. "Ihre Führungsstärke und die von ihnen geschaffenen Strukturen und politischen Systeme sorgten dafür, dass Botswana keine Phase der Gewalt durchlebte."

"Sprache vermittelt Werte"

Auch eine kleine – Botswana hat heute nur 2,5 Millionen Einwohner – und eher homogene Bevölkerung hätten geholfen. Dazu komme eine Tradition der friedlichen Sprache. "Sprache vermittelt auch Werte, und in unseren vielen Idiomen pflegen wir eine Sprache ohne Krieg. Die stärkste Form des Krieges soll ein Krieg der Worte sein."

Dank eines Reichtums an Diamanten hat sich Botswana zu einem der wohlhabendsten Staaten Afrikas entwickelt, aber diese Abhängigkeit schafft jetzt auch Probleme. Denn aufgrund der Verbreitung billiger künstlicher Diamanten ist der Preis der Edelsteine in den vergangenen Jahren stark gefallen. "Wir wissen, dass wir unsere Wirtschaft diversifizieren müssen, aber wir haben noch zu wenig dafür getan", sagt Gaolathe. Besonders die hohe Jugendarbeitslosigkeit von 30 bis 40 Prozent sei ein gewaltiges Problem.

Hoffnungsmarkt Tourismus

Neben Diamanten aber habe Botswana auch viele andere Rohstoffe und verfüge auch dank seiner Pensionsfonds über inländisches Kapital, um den Bergbau in Form von Public-Private-Partnerships (PPP) zu entwickeln. Das Ziel seiner Regierung sei es, das Land zu einem Finanzzentrum im südlichen Afrika zu machen und den Tourismus zu stärken. "Dafür müssen wir ein richtiges Ökosystem aufbauen, haben aber noch nicht die notwendige Aufmerksamkeit und die Ressourcen eingesetzt", sagt er.

Die dünne Besiedlung des Landes sei auch ein Nachteil, weil die notwendige Infrastruktur dadurch teurer werde. Aber auch das ließ sich mithilfe von starken Partnerschaften finanzieren.

Offenere Grenzen

Wichtig sei für den Binnenstaat der Ausbau von Handelsbeziehungen zu den Nachbarstaaten, vor allem zu Südafrika, sagt Gaolathe. "Es gibt einen relativ freien Warenaustausch zwischen Südafrika und Botswana, aber das reicht noch nicht", sagt er. "Die Grenzen müssen 24 Stunden offen sein, und wir müssen die Visabestimmungen mit anderen Staaten verbessern. Die derzeitigen Regeln sind kurios."

Die vor einigen Jahren in Kraft getretene Afrikanische Kontinentale Freihandelszone (AfCFTA) sei dafür ein Schritt in die richtige Richtung, "aber es erfordert noch viel Arbeit", sagt Gaolathe. "Für mehr Handel müssen wir nicht nur unser Denken verändern, sondern auch die regionale Infrastruktur ausbauen. Wir brauchen bessere Straßen zwischen den Staaten." (Eric Frey, 17.5.2025)